Der fehlende Realitätssinn von Olaf Scholz

von , 12.01.2023, 21:20 Uhr

In seiner kürzlichen Neujahrsansprache setzte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Optimismus. Dagegen wäre grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn dabei nicht ein völlig falsches Bild der im Land herrschenden Realität gezeichnet worden wäre.

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Olaf Scholz: Ein gespaltenes Land hat er schon als Großfamilie versucht darzustellen

Bereits in seiner Ansprache des letzten Jahres verschloss Scholz davor die Augen, als er allen Ernstes behauptete, die deutsche Gesellschaft sei nicht gespalten. Denn tatsächlich, wir erinnern uns, hatte vor einem Jahr die Debatte um den „richtigen“ Umgang mit der Corona-Pandemie tiefe Gräben durch Familien, Vereine und Betriebe gezogen. Jetzt ging Scholz noch einen Schritt weiter, als er allen Ernstes versuchte, unser in vielen entscheidenden Fragen (Ukraine, Covid-Maßnahmen, offene Grenzen usw.) durchaus gespaltenes Land wie eine in sich einige „Großfamilie“ darzustellen.

Olaf Scholz blickt skeptisch nach rechts – Bild von Franz P. Sauerteig auf Pixabay

Das aktuelle Deutschland sei ein Land, das sich „unterhakt“ und das „niemanden zurücklässt“. „Unser Zusammenhalt ist unser größtes Pfund“, sagte er wörtlich. Dass dies tatsächlich wohl nicht so ist, lässt sich am Beispiel der aktuellen Migrationspolitik leicht festmachen.

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Die aktuellen Umfragen belegen praktisch immer, dass die anhaltend hohe Zahl an Asylsuchenden mehr als zwei Drittel der Deutschen große Sorgen bereitet. Doch in der Berliner Ampelkoalition will man dies einfach nicht zur Kenntnis nehmen. In seiner diesjährigen Neujahrsansprache ging Scholz jedenfalls wieder einmal nur auf die positiven Seiten der Migration ein und er lobte darüber hinaus die große Hilfsbereitschaft, die aus der Ukraine geflüchteten Frauen und Kindern im letzten Jahr widerfuhr.

Scholz schafft den Balanceakt zwischen Zweckoptimismus und Realitätssinn nicht

Dass nur wenige Stunden nach der Fernsehausstrahlung der Ansprache „Silvester-Gewalttäter“, zu deren mutmaßlicher Herkunft (nicht aus der Ukraine!) die Behörden in vielen Fällen lieber schwiegen, Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten tätlich angriffen, darf in diesem Zusammenhang als eine weitere Ironie der Realität verstanden werden.

Dass ein Regierungschef gerade in schwierigen Zeiten keinen weiteren Pessimismus verbreiten sollte, versteht sich von selbst. Doch Scholz gelang der daraus resultierende Balanceakt zwischen Realitätssinn und Zweckoptimismus nicht. Er beschrieb Deutschland als ein „starkes Land“, das „mit Tatkraft und Tempo an einer guten, sicheren Zukunft arbeitet“. Die extremen Energiepreise, Abwanderungspläne der Industrie, der Fachkräftemangel und die Armutseinwanderung kamen dagegen nicht vor.

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Das verwundert und ist regelrecht fahrlässig. Denn dass Deutschland auf diesem Kurs langfristig der Niedergang droht, wird von kaum einem realistisch denkenden Beobachter mehr bestritten. Stattdessen lobte der Kanzler seine Regierung, weil sie den Bürgern mit sogenannten Entlastungspaketen kurzfristig ein wenig Luft verschafft.

Die „Ampel“ hat sich damit ebenfalls ein wenig weitere Zeit gekauft – auf Kosten der steuerzahlenden Bürger! Dass die Realität alle einholen wird, daran erlaubte Scholz keinen einzigen Gedanken. Ein Teil der Wähler scheint hier schon weiterzudenken: In den aktuellen Wahlumfragen kommen die Ampelkoalitionäre aus SPD, Grünen und FDP jedenfalls aktuell nur noch auf rund 45 %. (tb)

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