Corona-Pandemie: Die Zeit danach

von , 27.05.2020, 14:36 Uhr

Während manche Virologen noch vor einer zweiten Welle der Corona-Pandemie warnen, machen sich doch auch in Deutschland immer mehr Menschen – und dies völlig zu Recht – Gedanken über die Zeit danach. Denn eines steht schon heute fest und dabei ist es völlig einerlei, ob die weltweit verfügten „Lockdown“-Maßnahmen zu Recht oder vielleicht doch zu Unrecht erfolgten: Die Welt „nach Corona“ wird eine andere sein, was sich auch bei den sogenannten „Megatrends“ bemerkbar machen wird. Gestatten Sie an dieser Stelle ein paar grundsätzliche Anmerkungen hierzu, die auch bei künftigen Anlageentscheidungen hilfreich sein können.

Globalisierung bleibt Megatrend

Sicherheit, Gesundheit, das miteinander Verbundensein (gerade mit Hilfe der Technik), eine voranschreitende Individualisierung und auch Globalisierung werden auch und gerade nach Corona zu den weltweit wichtigen Megatrends zählen. Bei der Globalisierung mag dies auf den ersten Blick überraschen, sorgte doch das Herunterfahren der chinesischen Wirtschaft für ernste Lieferschwierigkeiten und damit Produktionsausfälle auch im fernen Europa. Lieferketten wurden regelrecht zerrissen.

Doch die Welt ist inzwischen so vernetzt und arbeitsteilig organisiert, daß man dies kaum mehr wird rückgängig machen können. Denkbar sind nun zum Beispiel größere Zwischenlager, um kurzzeitige Lieferausfälle und/oder Transportschwierigkeiten besser ausgleichen zu können. Daß die sprichwörtlichen Gummienten in Zukunft wieder in Deutschland hergestellt werden könnten, das bleibt aber sehr unwahrscheinlich.

Anders sieht es im Bereich der „Konnektivität“ – im vorhergehenden Absatz als Verbundensein bezeichnet – aus. Spätestens in den gerade vergangenen Wochen mit ihren Ausgangssperren wurde endgültig klar, wie stark Internet und Digitalisierung bereits alle Lebensbereiche durchdrungen haben. Ob in Gesellschaft, Ökonomie oder Kultur: Das Netz ist für viele Menschen längst zu einem selbstverständlichen Alltagsbegleiter geworden. Es ist eine Entwicklung, die sich bereits „vor Corona“ in aller Deutlichkeit abzeichnete, die nun aber noch einmal deutlich an Dynamik gewonnen hat.

Gesundheit als weiterer Megatrend

Daß „Gesundheit“ zu einem auch weiterhin robusten Megatrend zählen wird, überrascht kaum. Wer hätte noch vor wenigen Wochen gedacht, welcher gesellschaftliche Stellenwert nun den – zweifels – ohne wichtigen – Pflegeberufen beigemessen wird? Gesundheit wird immer stärker zu einem Synonym für ein gutes Leben werden, dem sich vieles Andere wird unterordnen müssen.

Durch Corona: Alles und jeder kommt auf den Prüfstand

Und als in den vergangenen Wochen für etliche Menschen vieles Liebgewonnene auf dem Prüfstand lag, sie sich in einer teilweise neuen und ungewohnten Lebenssituation wiederfanden (man denke nur an das Arbeiten zu Hause bei gleichzeitiger Kinderbetreuung) und gleichzeitig Einschränkungen bei ihrem gewohnten Lebensstil hinzunehmen hatten (Kontaktbeschränkungen etc.), wuchs bei vielen der Wunsch nach wieder mehr Selbstbestimmung. Die Freiheit der Berufswahl, des Wohnortes, der Lebensform:

Dies und vieles mehr war auf einmal nicht mehr selbstverständlich, weil auf einmal Verbote, Einschränkungen und Grenzen wieder zu erkennen und zu beachten waren, die man längst überwunden glaubte. Wenn sie es sich finanziell erlauben können, werden viele Mieter und Käufer von Wohnungen und Häusern in Zukunft auf einen Raum mehr achten, um notfalls oder teilweise zu Hause arbeiten zu können.

Homeoffice für immer?

Das sogenannte „Homeoffice“ wird sich nicht in allen Fällen auf Dauer etablieren, aber es kam durchaus zu einem gewissen Dammbruch. Angesichts des Corona-Virus‘ forderte und förderte so manches Unternehmen diese neue Form der Heimarbeit, das noch wenige Wochen zuvor vor zu hohen Kosten, mangelnder Effektivität und anderen Problemen warnte. Hier hat sich in den letzten Wochen eine Entwicklung ergeben, die viele Experten als kaum mehr umkehrbar erachten. Heimarbeit ist beileibe nicht die Lösung für jedes Problem. Doch Arbeitgeber und Arbeitnehmer (einschließlich Staat und Gewerkschaften) werden in den kommenden Jahren damit umzugehen lernen.

Vorerst mit einem Fragezeichen zu versehen scheint dagegen die Frage nach dem Anhalten früherer Trends wie der Urbanisierung, neuer Mobilitätsformen (wie z.B. Car-Sharing) oder der zukünftigen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Wer im zehnten Hochhaus-Stockwerk wohnt und nicht gerade über eine komfortable Dachterrasse verfügt, könnte die Vorzüge einer eher ländlichen Wohnumgebung wieder schätzen lernen. Wer sich bisher seine Fahrzeuge aus Überzeugung mit anderen teilte, mag nunmehr – ob zu Recht oder auch zu Unrecht – über hinreichenden Virenschutz nachdenken.

Individualverkehr spielt Vorteile aus

Und gleiches gilt auch für den öffentlichen Personenverkehr, wo mit oder ohne Atemschutzmaske meistens viele Menschen eng beieinander ausharren müssen. Der meistens aus ideologischen Gründen verteufelte Individualverkehr mit dem eigenen Fahrzeug kann hier seine Vorteile ausspielen.

Es ist somit keine Frage: Die Welt „nach Corona“ wird eine teilweise andere sein. Es wird längere Zeit dauern, bis eine Mehrheit der Bürger wieder mit der früheren Sorglosigkeit leben und feiern dürfte. Doch gleichzeitig werden die vorstehend beschriebenen „Megatrends“ aufmerksamen Investoren die eine oder andere Chance eröffnen. Beides gilt es zu beachten. (tb)


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