Dänemark: „Unser Ziel ist null Asylbewerber“

von , 05.03.2021, 16:35 Uhr

Während die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den 2015/16 von Europa in der Flüchtlingsfrage erlittenen Kontrollverlust als „alternativlos“ darstellte, beschloß man im dänischen Parlament bereits im Januar 2016 die ersten Maßnahmen zur Reduzierung der das Land erreichenden „Flüchtlingszahl“.

Man erhöhte u.a. die Anforderungen an die Integrationsfähigkeit der Neuankommenden und man schraubte auch bei der Familienzusammenführung die Messlatte höher. Im Juni 2018 kam es zum Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum, im September 2020 trieb die Regierung den Plan zur Errichtung von Aufnahmezentren außerhalb der Europäischen Union voran und erst kürzlich kam es zu einem Gesetzentwurf, mit dem die dänische Sprache für alle im Land gehaltenen Predigten vorgeschrieben werden soll.

Sozialer Zusammenhalt in Dänemark soll gewahrt bleiben

Hinter diesen und weiteren Maßnahmen – die, auch das sei offen gesagt, teilweise bisher nicht die in sie gesetzten Erwartungen erfüllten – steht der Wunsch der dänischen Regierung, die Zahl der Asylsuchenden deutlich zu begrenzen, um den „sozialen Zusammenhalt“ im Land wahren zu können. Dazu die sozialdemokratische Premierministerin Mette Frederiksen: „Unser Ziel ist null Asylbewerber. Wir können nicht null Asylbewerber versprechen, aber wir können die Vision für ein neues Asyl system aufstellen und dann tun, was wir können, um es umzusetzen. Wir müssen aufpassen, daß nicht zu viele Menschen in unser Land kommen, sonst kann unser sozialer Zusammenhalt nicht bestehen. Er wird schon jetzt in Frage gestellt.“ Und Einwanderungsminister Mattias Tesfaye ergänzte: „Beim Kampf gegen den Islamismus geht es um das Überleben des Wohlfahrtsstaates. Dänemark muß sich nicht an den Islam anpassen. Der Islam muß sich an Dänemark anpassen.“

2050: Bis zu 16 % mulimischer Anteil in der dänischen Bevölkerung möglich

Die vorstehenden Äußerungen wurden dem Vernehmen nach von vielen Dänen begrüßt, angesichts der in den letzten fünf Jahren zu beobachtenden Entwicklung aber von einigen auch als leere Floskeln abgetan. Tatsächlich hatte das christlich-lutherische Land mit seinen rund 5,8 Millionen Einwohnern in den letzten fünf Jahren etwa 40 000 Asylanträge erhalten. Die meisten Asylbewerber stammten aus muslimischen Ländern in Afrika, Asien und dem Nahen Osten. Hinzu kam eine nach verbreiteter Expertenauffassung nicht zu unterschätzende Zuwanderung von Nicht-Asylanten, die meistens aus den verschiedensten nicht-europäischen Staaten stammten. Nach Daten des Pew Research Center (ein in Washington ansässiges nichtstaatliches Meinungsforschungsinstitut) machen Muslime derzeit etwa 5,5 % der dänischen Bevölkerung aus. Bei einem „Null-Migrations-Szenario“ dürfte dieser Anteil nach Ansicht der Forscher bis zum Jahr 2050 auf etwa 7,5 % steigen, bei einem „mittleren Migrations-Szenario“ auf rund 12 % und bei „hoher“ Migration auf voraussichtlich bis zu 16 %.

Dänische Bevölkerung ist geteilter Meinung

In der dänischen Bevölkerung ist die Stimmung geteilt. Wie in anderen Ländern auch sind insbesondere in den großen Städten des Landes steigende Kriminalitätsraten und zunehmende soziale Spannungen zu verzeichnen. Für die Hauptstadt Kopenhagen sahen sich die US-Behörden inzwischen sogar zu einer Sicherheitswarnung veranlasst. Premierministerin Frederiksen kritisierte in diesem Zusammenhang das Verhalten früherer dänischer Politiker, die nicht entschieden genug darauf bestanden hätten, daß sich Migranten in die Gesellschaft integrieren. Darauf entgegnete Pia Kjaersgaard von der Dänischen Volkspartei (die für ihre Opposition gegen Multikulturalismus bekannt ist), daß Frederiksen selbst auch noch eine Reihe von Maßnahmen zur Lockerung und eben nicht zur Verschärfung der Einwanderungspolitik angeschoben habe (u.a. im Bereich der Duldung abgelehnter Asylbewerber).

Dem Parlament tat Kjaersgaard deshalb ihre eher düstere Prognose kund: „Die Sozialdemokraten haben die Einwanderungspolitik gelockert und das finde ich schade, denn wir sind uns in der Außenpolitik in vielen Bereichen einig. Leider glaube ich, daß die Lockerung dazu führen wird, daß die Zahl der Asylbewerber in Dänemark steigt, sobald die Covid 19-Krise vorbei ist. Wir können nur auf die Kanarischen Inseln schauen, die jetzt mit Flüchtlingen überschwemmt werden. Die Frage ist, ob wir eine neue Migrationskrise erleben werden ähnlich wie die im Jahr 2015, wenn die Corona-Krise vorbei ist.“ (tb)


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