Das lange Siechtum einer geförderten Kultureinrichtung

von , 08.10.2019, 15:48 Uhr

Es fällt unserem Staat sehr schwer, einmal begonnene finanzielle Förderungen zu beenden. Da muss schon vieles zusammenkommen, ehe die Finanzierung eingestellt wird, wie ein aktueller Fall aus Nordrhein-Westfalen belegt.

Im Jahr 2010 beschlossen das Land Nordrhein-Westfalen, eine Stiftung sowie eine Stadt und deren Schauspielhaus gemeinsam eine landesweit wirkende Einrichtung im Bereich der Kulturarbeit zu gründen und deren Finanzierung zu übernehmen. Im Jahr 2011 schlossen die vier Projektpartner eine entsprechende Kooperationsvereinbarung. Die Kultureinrichtung nahm im Dezember 2013 ihre Tätigkeit auf. Sie nutzt seitdem ein von der Stadt zur Verfügung gestelltes Gebäude. Das Land Nordrhein-Westfalen förderte die Einrichtung mit jährlichen Zuschüssen. Im Zeitraum 2011 bis 2019 belief sich die Förderung des Landes auf über 2,1 Millionen Euro. 

Nach einem Konzeptpapier sollte die Einrichtung Modelle für die Zukunft der globalen Stadtgesellschaft, der Region und des Landes formulieren und gleichzeitig die kreativen Potenziale der Menschen fördern. Es gelte, Ideen und Handlungsansätze für ein zukünftiges Zusammenleben und für einen neuen Begriff von Kultur zu entwickeln. 

Es wurden keine Indikatoren zur Erfolgsmessung vorgegeben      

Die Einrichtung versteht sich als Thinktank zur interkulturellen Entwicklung der Gesellschaft und als kreatives Labor für die Gesellschaft von morgen. Ferner bemüht sie sich um Wissenstransfer und stellt Serviceangebote in den Bereichen Information, Beratung und Qualifizierung zur Verfügung. In dem Konzeptpapier der vier Projektpartner sind keinerlei Kennziffern oder Indikatoren zwecks Erfolgsmessung enthalten. Auch die Förderbescheide des Landes enthielten keine Kennziffern oder Indikatoren. Vereinbarungen über zu erreichende Ziele waren nicht abgeschlossen worden.      

Evaluierung durch das zuständige Ministerium      

Im Jahr 2016 führte das für Kultur zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen in Absprache mit den anderen Projektpartnern eine Evaluierung der Einrichtung durch. Darin wurde u. a. festgestellt, dass die Umsetzung der Kernaufgabe, nämlich Anlaufstelle für Akteure der Szene und Kulturinstitutionen zu sein, in den zwei Jahren seit der Gründung nicht gelungen sei. Der Geschäftsführung sei es nicht gelungen, die Einrichtung als für die Interkultur und die kulturelle Bildung relevanten Ort in Nordrhein-Westfalen zu profilieren. Die Förderung der Einrichtung solle mit einer neuen Geschäftsführung und veränderten Schwerpunktsetzungen fortgeführt werden.   

Untersuchung durch einen externen Gutachter      

Im Jahr 2017 untersuchte ein externer Gutachter die Einrichtung. In seinem Abschlussbericht stellte der Gutachter für die Zeit seit der Bestellung einer neuen Geschäftsführung im Oktober 2016 Folgendes fest: Es sei eine planvollere und strukturiertere Arbeitsweise deutlich geworden. Das Team durchlaufe seither eine Phase der konzeptionellen Neuorientierung. Laufende Prozesse der Strategieentwicklung und Neuformierung der Einrichtung seien jedoch nicht über den Status des fortgesetzten Sondierens von Erwartungen und Handlungsmöglichkeiten in einem komplexen Kräfteverhältnis hinausgekommen.      

Noch eine Begutachtung und Kritik durch den Rechnungshof      

Im Jahr 2018 führte der bereits im Jahr 2017 beauftragte externe Gutachter eine weitere Untersuchung durch. Er kam zu dem Schluss, dass die im vorangegangenen Gutachten konstatierte diffuse Gesamtsituation, die eine Positionierung und Kurssetzung der Einrichtung deutlich erschwert habe, sich insgesamt verbessert habe.

Hemmnisse auf struktureller, operativer, administrativer und kommunikativer Ebene seien zum Teil abgebaut worden. Schließlich hat sich auch der Rechnungshof des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Einrichtung beschäftigt. Er hat beanstandet, dass zu Beginn der Förderung zwar inhaltliche Ziele beschrieben, diese jedoch im weiteren Verlauf nicht konkretisiert wurden.      

Die Förderung endet mit Ablauf des Jahres 2019      

Die Stiftung als Hauptgeldgeberin will ihre Förderung der Kultureinrichtung zum Ende des Jahres 2019 beenden. Das für Kultur zuständige Landesministerium hat mitgeteilt, dass eine Kompensation der wegfallenden Gelder aus Landesmitteln nicht beabsichtigt sei. Die Landesförderung ende daher ebenfalls mit Ablauf des Jahres 2019. 
Die Einrichtung hat zwischenzeitlich ihre Auflösung beschlossen. In der Lokalpresse wurde spöttisch von einem postmodernen Schwurbel-Think-Tank gesprochen, von dem niemand so genau wusste, was er machte und warum es ihn gab. In welcher Form das Land die inhaltlich bei der Einrichtung angesiedelte Thematik weiter aus Landesmitteln fördern werde, ist derzeit noch nicht geklärt. Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass das Land keinen neuen Subventionsempfänger ins Leben ruft, sagt ungehalten

Ihr

Gotthilf Steuerzahler 

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler