EU-Staaten fürchten Wettbewerbsverzerrungen – und schielen auf deutsches Geld

von , 30.05.2020, 11:34 Uhr

Die Corona-Pandemie ist mit Sicherheit nicht der tiefere Grund, wohl aber der Auslöser für eine in der bisherigen Geschichte der Europäischen Union (EU) beispiellose Krise. Schon sehr früh ließ die deutsche Regierung in diesem Zusammenhang ihre Entschlossenheit durchblicken, die hiesigen Unternehmen mit ausreichend bemessenen Staatshilfen zu unterstützen. Im Rest der EU sorgte dies schnell für Unmut – man spricht hier längst von „großzügigen Subventionen“, die geeignet seien, die europäischen Wettbewerbsbedingungen zu verzerren und deutsche Unternehmen zu den größten Krisengewinnern zu machen.

Auch Spanien befürchtet Wettbewerbsverzerrungen

Wohlverstanden: Auch andere EU-Staaten stützen längst ihre heimische Wirtschaft nach Kräften. Seit März 2020 genehmigte Brüssel entsprechende Hilfszahlungen mit einem Volumen von annähernd 2 Billionen Euro, wovon etwa die Hälfte auf Deutschland entfällt und jeweils rund 15 % auf Frankreich und Italien und der Rest zu jeweils recht kleinen Anteilen auf die übrigen EU-Staaten. Hört und liest man zwischen den Zeilen, dann ist es u.a. Spanien, das Wettbewerbsverzerrungen befürchtet. „Wenn einer mehr geben kann als andere, sind wir dabei, die Wettbewerbsregeln zu verzerren“, ließ kürzlich der aus Spanien stammende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Katze aus dem Sack. Ein anderer spanischer Vertreter sprach gleich von „haufenweise Geld“, über das Deutschland verfüge und das sich damit „solidarisch zeigen“ müsse. Erinnern wir uns: Spanien gehört zu denjenigen EU-Ländern, die für die EU einen „Wiederaufbauplan“ fordern, über den die dafür vorgesehenen Gelder als Zuschüsse und nicht etwa als Kredite nach Spanien fließen sollen.

Deutschland ist Lokomotive Europas

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sieht die Staatshilfen für deutsche Unternehmen allerdings auch im Interesse der gesamten restlichen EU: „Es ist wichtig, daß Deutschland so handelt, denn es ist auf gewisse Weise die Lokomotive Europas.“ Um Wettbewerbsverzerrungen möglichst zu vermeiden, verschärfte die EU-Kommission erst Anfang Mai die Bedingungen für einen direkten Einstieg des Staates bei Privatunternehmen. Neben einem Auszahlungsverbot für Dividenden und Managerboni zählt dazu auch das Verbot der Konkurrenten-Übernahme, solange nicht mindestens 75 % der erhaltenen Zuschüsse wieder zurückgezahlt sind. Bis dahin ist eine mögliche Beteiligung an Wettbewerbsunternehmen auf 10 % begrenzt. (tb)


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