Mangelnde Aufsicht über die „Studierendenschaften“

von , 18.12.2018, 20:17 Uhr

Vor einigen Tagen berichteten die Medien, dass die Hochschulleitungen in Hessen ihren Aufsichtspflichten gegenüber den Studierendenschaften nicht ausreichend nachkämen. Die frühere Bezeichnung „Studentenschaft“ ist inzwischen verpönt, auch der Gesetzgeber spricht nur noch von „Studierendenschaft“. Vergleichbare Berichte über mangelnde Aufsicht und Unregelmäßigkeiten bei den Studierendenschaften gab es in den letzten Jahren mehrfach auch aus anderen Bundesländern. 

Die Studierendenschaften haben in den meisten Bundesländern den Status einer öffentlich-rechtliche Teil- bzw. Gliedkörperschaften der jeweiligen Hochschule. Für die Studenten besteht eine Pflichtmitgliedschaft, auch sind sie zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet. Als oberstes beschlussfassendes Organ der Studierendenschaft wählen die Studenten das Studierendenparlament. Dieses wählt dann den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Der AStA bewirtschaftet die Beitragsmittel. Das Studierendenparlament setzt die Höhe der Beiträge fest, beschließt den Haushaltsplan und entlastet den AStA. 

Der Umfang der Beitragsmittel ist bei größeren Hochschulen recht erheblich. An der größten hessischen Hochschule, der Universität Frankfurt, kassierte die Studierendenschaft im Jahr 2016 mehr als 20 Millionen Euro von den Studenten. Über 90 Prozent davon wurden allerdings als „durchlaufender Posten“ an die Verkehrsverbünde für die Semestertickets weitergeleitet. 

Geringes Interesse an Haushaltsplänen und Entlastungen   

Die Hochschulleitungen üben die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaften aus. Sie genehmigen die Satzungen und die Höhe der Beiträge. Die Haushaltspläne und Rechnungsergebnisse bedürfen der Zustimmung der Hochschulleitungen. In Hessen verhielt es sich so, dass mehrere Hochschulleitungen keine Entlastung für die Rechnungsergebnisse erteilten und dennoch die Haushaltspläne für die Folgejahre genehmigten. Selbst auf fehlende Haushaltspläne reagierten die Hochschulleitungen nicht.

Verluste durch größere Veranstaltungen      

Ohne Kontrolle der Hochschulleitungen war es möglich, dass eine Studierendenschaft bei einem von ihr ausgerichteten Sommerfest einen Verlust von 50.000 Euro erwirtschaftete. Einer weiteren fehlten 19.500 Euro in der Kasse. Das erinnert an spektakuläre Fälle in anderen Bundesländern, wo Rockkonzerte und Hochschulpartys von dem jeweiligen AStA veranstaltet wurden, die mit erheblichen Verlusten endeten.

Vielfach kommen die studentischen Verantwortlichen im AStA mit der wirtschaftlichen Dimension derartiger Großveranstaltungen nicht zurecht oder können Unterschleife nicht verhindern. In einigen Fällen wurden in den anderen Bundesländern die verantwortlichen AStA-Mitglieder für die entstandenen Verluste in Haftung genommen, was sie für ihren weiteren Lebensweg finanziell erheblich belasten dürfte.      

Die von den Studenten zu zahlenden Beiträge sind vielfach zu hoch      

Die Studierendenschaften beschließen die Satzungen und erheben Beiträge. Die Satzungen und die Beiträge sind von der jeweiligen Hochschulleitung zu genehmigen. In Hessen waren nur an wenigen Hochschulen alle Satzungen genehmigt. Auch wurden die Beiträge nicht überall geprüft und genehmigt. Mehrfach lagen keine nachvollziehbaren Kalkulationen vor.

Eine Studierendenschaft verfügte über ein Vermögen von über 830.000 Euro. Auch dieses Phänomen ist bei Studierendenschaften in anderen Bundesländern bereits mehrfach festgestellt worden. Die Bildung überhöhter Rücklagen geht darauf zurück, dass die Beitragseinnahmen den Finanzbedarf deutlich übersteigen. In Hessen wollen sich die Hochschulleitungen künftig alle Satzungen zur Genehmigung vorlegen lassen und für angemessene Beitragshöhen sorgen.      

Die Studenten in den Entscheidungsgremien sind häufig überfordert      

Die Studenten in den Entscheidungsgremien der Studierendenschaften sind häufig nur unzureichend mit den Haushaltsangelegenheiten vertraut. Neben den Anforderungen ihres Studiums können sie den Obliegenheiten, die sich aus der studentischen Selbstverwaltung ergeben, oft nicht ordnungsgemäß nachkommen. Deshalb sollten sie von den Hochschulverwaltungen unterstützt werden. Zusätzlich könnten fachkundige Dritte zur Unterstützung hinzugezogen werden. Dadurch ließen sich auch Haftungsrisiken für die entscheidungsbefugten Studenten verringern.      

Die gesetzlichen Regelungen sollten verschärft werden      

Das hessische Wissenschaftsministerium will mit allen Hochschulen des Bundeslandes erörtern, wie die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaften verbessert werden kann. Das Ministerium erwägt darüber hinaus, die Studierendenschaften künftig zu verpflichten, externen Sachverstand wie Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bei der Haushaltsführung einzubinden. Es prüft, ob dafür rechtliche Regelungen geändert oder eingeführt werden müssen.

Die Bemühungen des hessischen Wissenschaftsministeriums sind zu begrüßen, liebe Leserinnen und Leser. Auch in anderen Bundesländern hat der Gesetzgeber reagiert und die gesetzlichen Bestimmungen verschärft, um Missstände bei der Haushaltsführung der Studierendenschaften möglichst zu verhindern, sagt zustimmend

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

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