Mietendeckel Berlin: Gehört New York zur DDR 2.0?

von , 19.06.2019, 15:13 Uhr

Die Katze ist aus dem Sack. Der rot-rot-grüne Berliner Senat hat gestern am 18. Juni 2019 die Eckpunkte für einen Mietendeckel beschlossen. Als erstes Bundesland bringt Berlin eine Mietobergrenze auf den Weg. Im Kern sollen die Mieten – bis auf wenige Ausnahmen – fünf Jahre nicht erhöht werden dürfen. Mehr als 1,6 Millionen Wohnungen  wären von dieser Regelung und betroffen. Gleichzeitig müssen sich mindestens 1,6 Millionen Mieter fünf Jahre keine Sorgen wegen drohender Mieterhöhungen machen. Doch der Gegenwind aus der Wirtschaft ist enorm.

Totschlagargument der Kritiker: DDR 2.0 & Sozialismus

Schon im Vorfeld gab es massive Kritik, besonders und naturgemäß aus der Richtung der Immobilienbranche. Mit diesem sozialistischen Vorstoß würde keine einzige neuen Wohnung mehr gebaut werden. Im Gegenteil: Investoren würden sich jetzt drei Mal überlegen, ob sie überhaupt noch in Berlin investieren oder gar bauen wollen. Die DDR hat schließlich die Mieten auch gedeckelt und der Wohnungsbestand wurde bis zum Mauerfall in einem erbärmlichen Zustand heruntergewirtschaftet. Der Mietendeckel sei damit nichts weiter als ein Instrument des Sozialismus, der früher oder später im kompletten Chaos, Elend und Verwahrlosung endet. Jüngstes und bestes Beispiel: Venezuela, wo seit Monaten sprichwörtlich die "Hütte brennt" und sich sogar ein Bürgerkrieg anzubahnen droht.

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Der Mietendeckel wird also – überspitzt gesagt – in einem Bürgerkrieg enden. Und der Berliner Senat ist schuld. So oder so ähnlich argumentieren besonders Medien, die in ihrem (Domain)Namen die Wörter Immo, Immobilien, Börse/Boerse, Finanz, Finanzen, Finanzmarkt, Wirtschaft o.ä., haben.

Genau diese Nachrichtenportale berichtigen täglich von der NYSE. Gemeint ist damit die New Yorker Börse. Dem wohl "kapitalistischsten" Symbol in der westlichen Welt überhaupt. Die NYSE ist die Leitbörse schlechthin für Börsianer, Anleger, Trader und Investoren. Hustet New York, bekommt der DAX in Frankfurt am Main sofort die Grippe. Die ganze Welt schaut auf diese Stadt, wenn es um den Finanzmarkt geht.

Ausgerechnet New York hat auch einen Mietendeckel eingeführt

Aber ausgerechnet New York hat wenige Tage vor Berlin, am 14. Juni 2019, auch einen Mietendeckel eingeführt, der für 2,4 Millionen Mieter gilt. New York! Mehr Sinnbild für Kapitalismus geht ja kaum! Davon liest man in den deutschen Medien und vor allem, wenn es um den Mietendeckel in Berlin geht, aber wenig bis gar nichts. Einzig der Berliner Tagesspiegel hat sich dem Thema in einem eigenen Artikel angenommen.

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Bildquelle: https://www.nytimes.com/2019/06/12/nyregion/rent-regulation-laws-new-york.html

Die Wirtschaftswoche schreibt 17. Juni mit einer etwas verunglückten Überschrift: "Vom Ausland lernen: Bloß kein Mietpreisdeckel!" zwar auch über New York und die Mietendeckelung. Allerdings geht es hier nur um Entwicklungen in der Vergangenheit. Vielleicht weiß die Redaktion der WiWo ja noch nichts von der aktuellen Entwicklung in Übersee. Bei täglichen Berichten aus New York und bei einer auf Wirtschaft ausgerichteten Redaktion ist das jedoch eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, dass der Mietendeckel in New York nicht so recht ins Bild passt. Wie soll man das den Lesern beibringen? Also drischt man in der laufenden Debatte auf den sozialistischen Berliner Senat ein. Der ist schließlich viel greibarer und sowieso unfähig.

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