Modellprojekt „Anonymer Krankenschein für Menschen ohne Papiere“

von , 24.08.2020, 17:02 Uhr

Ein Bundesland fördert seit 2016 in einem Modellprojekt die medizinische Behandlung von Menschen, die sich ohne legalen Status hierzulande aufhalten (Menschen ohne Papiere). Wie eine Überprüfung ergab, nahm die Zielgruppe die anonyme medizinische Behandlung jedoch kaum in Anspruch. Andere Gruppen, insbesondere Einheimische, die nicht krankenversichert waren, nutzten hingegen das Angebot. 

Die Länder sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verpflichtet, Asylbewerber medizinisch zu versorgen. Diese haben grundsätzlich die gleichen Ansprüche wie gesetzlich Krankenversicherte. Darüber hinaus haben Ausländer, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und die sich ohne legalen Status in Deutschland aufhalten, bei akuten Erkrankungen Anspruch auf Gesundheitsleistungen. Diese Personen sehen allerdings oft von medizinischen Behandlungen im öffentlichen Gesundheitswesen ab, da die öffentlichen Stellen verpflichtet sind, die zuständige Ausländerbehörde über Patienten ohne Aufenthalts- oder Duldungstitel zu informieren. 

Im Koalitionsvertrag von 2014 hat sich die Regierungskoalition des hier in Rede stehenden Bundeslandes für die Einführung von anonymen Krankenscheinen für Menschen ohne Papiere in einem Modellprojekt entschieden. Daneben wird auch die psychosoziale Versorgung von geflüchteten Menschen gefördert. Für die beiden Vorhaben sind im Landeshaushalt jährlich rund eine Million Euro vorgesehen, wobei der größere Teil für die psychosoziale Versorgung bestimmt ist. 

Der förderfähige Personenkreis wurde nicht eindeutig festgelegt

Die Fördermittel wurden über verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Wie die Überprüfung ergab, waren die mit der Förderung angestrebten Ziele zum Teil unkonkret formuliert und nicht messbar. Konkrete Vorgaben für einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Steuergeldern fehlten. Beispielsweise wurde der förderfähige Personenkreis beim anonymen Krankenschein nicht eindeutig festgelegt. So blieb es der geförderten Einrichtung überlassen, nach eigenem Ermessen zu definieren, welche Personengruppen unter den Begriff „Menschen ohne Papiere“ fallen und somit förderfähig waren.

Die Zielgruppe nahm das Angebot kaum an

Weiterhin wurde festgestellt, dass nur ein Drittel der behandelten Patienten zur Gruppe der Menschen ohne Papiere gehörte. Stattdessen wurde die anonyme medizinische Behandlung von Menschen ohne „Migrationshintergrund“, die nicht gesetzlich krankenversichert waren, von EU-Ausländern oder von anderen Gruppen in Anspruch genommen. Für die meisten dieser Personen hätten anderweitige medizinische Angebote zur Verfügung gestanden, die sie aber aus unterschiedlichen Gründen nicht nutzten. Der erhebliche Aufwand zur Wahrung der Anonymität für diese Personen war unnötig.

Eine Evaluation des Modellprojekts ist beabsichtigt

Das zuständige Ministerium des Landes erlangte erstmals durch die Überprüfung Kenntnis davon, welche Personengruppen unter Wahrung der Anonymität medizinische Betreuung in Anspruch genommen hatten. Das Ministerium verteidigte sich damit, es habe die potentielle Zielgruppe des Modellprojekts „Anonymer Krankenschein“ mangels verlässlicher Kenntnisse über Anzahl und Zusammensetzung nicht abschließend festlegen können. Der zu fördernde Personenkreis sei daher bewusst offen ausgelegt worden. Nunmehr stehe eine Evaluation des Modellprojekts an, deren Ergebnis für die Definition des Begriffs „Menschen ohne Papiere“ bei einer künftigen Förderung berücksichtigt werde.

Andere Bundesländer sollten den anonymen Krankenschein nicht einführen

Die Zielgruppe des Modellprojekts ist durch die Förderung nicht erreicht worden, stattdessen haben andere Gruppen die Möglichkeit der anonymen Behandlung für sich zu nutzen gewusst. Es finden sich halt immer irgendwelche Interessenten, wenn der Staat großzügige Angebote macht. 

Zum Modellprojekt selbst ist Folgendes zu sagen: Der völlig falsche Ansatz des Landes besteht hier darin, die Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes umgehen zu wollen. Nach diesem Bundesgesetz gibt es für Menschen ohne Papiere zwar medizinische Hilfe bei akuten Erkrankungen, aber um den Preis, dass die Ausländerbehörden zu informieren sind. Es bleibt zu hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass andere Bundesländer den hier geschilderten Irrweg nicht beschreiten werden, sagt erbost

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Gotthilf Steuerzahler