Sicherheitsrisiko Gigaliner

von , 25.05.2019, 16:45 Uhr

Lkw verschleißen die Straßen in ganz besonderem Maße. Je mehr Lkw die Straßen benutzen, desto kürzer ist die Lebensdauer der Fahrbahnen. Eine Lkw-Achse mit zehn Tonnen Gewicht strapaziert die Straßen genauso wie 10.000 Pkw-Achsen mit je einer Tonne Gewicht. 

Seit dem 1. Januar 2017 dürfen auch überlange Lkw (Gigaliner) aufgrund einer Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums bestimmte Straßen im Regelbetrieb befahren. Mit dem Einsatz von überlangen Lkw möchte das Verkehrsministerium langfristig das Wachstum des Güterverkehrs auf der Straße begrenzen und den damit verbundenen Umweltauswirkungen entgegenwirken, also insbesondere Kohlendioxid- und Feinstaub-Emissionen vermindern. Zwei Fahrten eines überlangen Lkw ersetzen angeblich drei Fahrten mit herkömmlichen Lkw. Auch sollen Effizienzgewinne und Kraftstoffersparnisse zwischen 15 und 25 Prozent erzielt werden. 

Die überlangen Lkw sind mit einer Länge von bis zu 25,25 Meter länger als konventionelle Lkw (maximal 18,75 Meter). Sie unterliegen den gleichen Gewichtsbeschränkungen wie konventionelle Lkw, dürfen also höchstens bis zu 44 Tonnen wiegen. Im Durchschnitt sind sie jedoch deutlich schwerer als konventionelle Lkw. Sowohl mit als auch ohne Ladung bringen sie häufig mehr Gewicht auf die Straße. 

Ein Feldversuch zum Einsatz überlanger Lkw fand statt      

Der Zulassung der überlangen Lkw in den Regelbetrieb war folgende Entwicklung vorausgegangen: In den Jahren 2012 bis 2016 führte das Verkehrsministerium einen bundesweiten Feldversuch zum Einsatz von überlangen Lkw durch. Die Bundesanstalt für Straßenwesen war beauftragt, den Feldversuch zu begleiten und wissenschaftlich zu untersuchen. Eine Ausnahmeverordnung erlaubte es Transportunternehmen, längere als nach der Zulassungsverordnung zulässige Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen einzusetzen.

Der Einsatz der überlangen Lkw war nur innerhalb eines bestimmten Streckennetzes gestattet. Teilnehmende Transportunternehmen waren verpflichtet, der Bundesanstalt für Straßenwesen insbesondere den eingesetzten Lkw-Typ und die befahrene Strecke anzuzeigen. Zu Beginn des Feldversuchs waren 38, am Ende 161 überlange Lkw bei der Bundesanstalt gemeldet.      

Probleme für die Verkehrsinfrastruktur und die Verkehrssicherheit      
 
Die Bundesanstalt für Straßenwesen erkannte in dem Feldversuch verschiedene Problemfelder. Dazu gehörten das Parken auf Rastanlagen, zu kleine Nothaltebuchten, eine erhöhte Brandlast in Tunneln, das Durchfahren von Kreisverkehren, das Befahren von Baustellen und das Überholen auf Landstraßen.

Die Bundesanstalt stufte die aus dem Betrieb von überlangen Lkw resultierenden Risiken abschließend als hinnehmbar ein. Auch künftig sei nur eine geringe Anzahl von überlangen Lkw zu erwarten. Zugleich stellte die Bundesanstalt fest, dass zu einzelnen Fragen im Feldversuch keine belastbaren Aussagen möglich waren. Solche ließen sich erst durch einen langjährigen Regelbetrieb beantworten. Es bestehe weiterer Untersuchungsbedarf. Gleichzeitig mit der Zulassung zum Regelbetrieb im Jahr 2017 wurde jedoch die Datenerhebung zum Einsatz der überlangen Lkw eingestellt.      

Viele Fragen sind ungeklärt      

Kritiker haben daraufhin dem Verkehrsministerium vorgeworfen, dass die durch den Feldversuch gewonnenen Erkenntnisse nicht ausreichend seien. Am Feldversuch hätten nur wenige überlange Lkw auf einem eingeschränkten Streckennetz teilgenommen. Zudem ließen sich einige Fragestellungen erst im langjährigen Betrieb beantworten. So sei insbesondere der Bedarf an Stellplätzen für überlange Lkw auf Rastanlagen ungeklärt.

Gleiches gelte für die Entwicklung der Brandlast in Tunneln. Zudem bestünden weitere Unwägbarkeiten bei der Verkehrssicherheit. Insbesondere bei Überholvorgängen auf Landstraßen und beim Befahren von Baustellen sei das Verhalten überlanger Fahrzeuge nicht ausreichend untersucht. Zudem sei der Bedarf an größeren Nothaltebuchten nicht geklärt.      

Das Verkehrsministerium wehrt sich gegen die lautgewordene Kritik      

Das Bundesverkehrsministerium hat dem Vorwurf der verfrühten Einführung des Regelbetriebs von überlangen Lkw sowie der Einstellung der Datenerhebung widersprochen. Die Ergebnisse der begleitenden wissenschaftlichen Untersuchung während des Feldversuchs seien ausreichend gewesen. Eine weitere Datenerhebung sei nicht geboten. Das Verkehrsministerium plant die Länder aufzufordern, für überlange Lkw geeignete Rastanlagen und autobahnnahe Autohöfe zur Aufnahme in das freigegebene Streckennetz zu melden.      

Eventuell sollte die Zulassung überlanger Lkw zurückgenommen werden      

Viele Straßen und Brücken in Deutschland sind in einem schlechten Zustand, das Geld zur Behebung der Mängel ist nicht vorhanden. Da fragt man sich schon, weshalb das Bundesverkehrsministerium die Verkehrsinfrastruktur durch die Zulassung der überlangen Lkw noch weiter belasten musste.

Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, dass das Ministerium die Beanspruchung der Verkehrsinfrastruktur und die sonstigen durch die überlangen Lkw verursachten Probleme ernsthaft untersuchen lässt und die Zulassung eventuell zurücknimmt. Aber hierzulande kommt es ja nicht selten vor, liebe Leserinnen und Leser, dass die Politik an einmal getroffenen Entscheidungen wider besseres Wissen festhält, was immer es kostet, sagt resigniert

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler