Tempelhofer Feld: Wenn sich der Berliner Senat von überflüssigen Gesellschaften nicht trennen will

von , 13.07.2019, 10:36 Uhr

Bund und Länder dürfen nur unter engen Voraussetzungen Unternehmen des Privatrechts gründen oder Anteile an solchen Unternehmen erwerben. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen muss ein wichtiges staatliches Interesse vorliegen und der angestrebte Zweck darf sich nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lassen. Liegen diese Voraussetzungen nicht länger vor, müssen Bund und Länder sich von den Unternehmen trennen. Dies fällt den staatlichen Stellen jedoch häufig ausgesprochen schwer, wie ein aktueller Fall aus Berlin belegt.

Im Oktober 2008 wurde der Flugbetrieb auf dem Flughafen Tempelhof eingestellt. Zur Entwicklung des im Eigentum des Landes Berlin stehenden, über 300 Hektar großen Tempelhofer Feldes und des unter Denkmalschutz stehenden Flughafengebäudes hat Berlin im Dezember 2010 mit Zustimmung des Abgeordnetenhauses eine GmbH gegründet. Das Land Berlin ist alleiniger Gesellschafter. Die GmbH hat im Januar 2011 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen. 

Die für Stadtentwicklung zuständige Senatsverwaltung hat mit der GmbH zur Erfüllung von Entwicklungs- und Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit dem ehemaligen Flughafen Tempelhof einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen. Darin sind u. a. die Aufgaben und die Vergütung der Gesellschaft geregelt. 

Die Mehrheit stimmte gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes      

Bei dem Volksentscheid am 25. Mai 2014 stimmte die Mehrheit der sich an der Abstimmung beteiligenden Berliner gegen die Bebauung des Flugfeldes. Dadurch entfiel die Baufeldentwicklung auf dem Tempelhofer Feld als wesentliches Geschäftsfeld der GmbH. Für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft änderten sich damit die Rahmenbedingungen gravierend. Sie hat sich fortan im Wesentlichen mit der verbliebenen Aufgabe – Entwicklung und Verwaltung des ehemaligen Flughafengebäudes – befasst. Um die damit verbundenen Aufgaben finanzieren zu können, erhält die Gesellschaft jährliche Zuschüsse in Millionenhöhe.      

Die Fortführung der GmbH wurde beschlossen      

Nur zwei Tage nach dem Volksentscheid vom 25. Mai 2014 entschied die für Stadtentwicklung zuständige Senatsverwaltung, alle gebäudebezogenen Bewirtschaftungs- und Entwicklungsaufgaben durch die GmbH fortführen zu lassen. Der Aufforderung der Senatsverwaltung für Finanzen, die Einwilligung des Abgeordnetenhauses zur Auflösung der Gesellschaft einzuholen, ist sie nicht gefolgt. Sie hat gegenüber der Senatsverwaltung für Finanzen lediglich angegeben, dass ein wichtiges Interesse Berlins an der Entwicklung des exponierten und geschichtsträchtigen Flughafengebäudes bestehe. Die Spezialimmobilie Tempelhofer Flughafen bedürfe der besonderen Kompetenz der GmbH.      

Der Berliner Rechnungshof hat die Fortführung der GmbH kritisiert

In seinem jüngsten Jahresbericht hat der Rechnungshof von Berlin beanstandet, dass die gravierenden Änderungen der Rahmenbedingungen durch den Volksentscheid nicht zum Anlass genommen wurden, die Fortführung der GmbH in Frage zu stellen. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hätte geprüft werden müssen, ob z. B. die Aufgabenerledigung durch die Berliner Verwaltung selbst oder eine Konzentration der Aufgaben bei einem anderen öffentlichen Unternehmen wirtschaftlicher gewesen wäre (das Land Berlin ist an 48 Unternehmen des Privatrechts beteiligt). Die zuständige Senatsverwaltung hat daraufhin angekündigt, bei der vorgesehenen Neufassung des Geschäftsbesorgungsvertrags im Jahr 2019 der Frage nachzugehen, ob andere Lösungen wirtschaftlicher wären. 

Nachdem die GmbH nunmehr fünf Jahre seit dem Volksentscheid fortgeführt worden ist, besteht jedoch wenig Hoffnung, liebe Leserinnen und Leser, dass ihre Existenz nach dieser langen Zeit in Frage gestellt wird. Einmal begründete Unternehmensbeteiligungen der öffentlichen Hand haben erfahrungsgemäß ein langes Leben, ob die zu erfüllenden Aufgaben wegfallen oder weiterbestehen, sagt resigniert

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler