Trump vs Biden: Die US-Wahl ändert nur wenig

von , 21.11.2020, 20:55 Uhr

Wenngleich es über den Wahlvorgang an sich noch einige juristische Auseinandersetzungen geben könnte, wird der neue US-Präsident voraussichtlich Joe Biden heißen. Bei einer im Vergleich zu früheren Abstimmungen sehr hohen Wahlbeteiligung reichte es für Donald Trump nicht zur Wiederwahl, wenngleich der von manchen Beobachtern vermutete (und von vielen Medien geradezu „herbeigeschriebene“) „Erdrutschsieg“ der Demokraten unter Biden ebenfalls ausblieb. Kongress und Senat bleiben republikanisch geprägt, was nicht wenige Beobachter als recht gutes Korrektiv zu Biden empfinden, der ja der Demokratischen Partei angehört.

Nachstehend geben wir Ihnen einen kurzen Überblick, was die wichtigsten Bereiche aus Wirtschaft und Gesellschaft von einem US-Präsidenten namens Joe Biden voraussichtlich zu erwarten haben.

Finanzbranche hat lange mit Biden gehadert

An der Wall Street, also in der Finanzbranche, hat man lange mit Biden gehadert. Man brachte ihn immer wieder in den Zusammenhang mit Steuererhöhungen und verstärkter Regulierung. Gleichwohl spendeten die großen Banken der USA in den letzten Monaten bevorzugt für Biden, was schon für sich alleine spricht …

Google, Facebook und Co. wurde seitens des Biden-Lagers schon seit geraumer Zeit mit einer stärkeren Regulierung und Kontrolle gedroht. Sie unterschieden sich damit nur wenig von Donald Trump und den Republikanern. Doch während es den Konservativen in erster Linie um eine auch ihre Interessen wahrende Berichterstattung etc. ging, wollen die eher sozialistischen Demokraten gegen jede Art von Hass- oder Fehlmeldungen (oder das, was sie dafür halten) vorgehen. Einer republikanischen Interessenwahrung steht auf demokratischer Seite ein weitergehender Wunsch nach einer fast allgemeinen Internetkontrolle gegenüber.

China: USA wird unter Biden weiter den "starken Mann" markieren

Gegenüber China werden sich die USA auch unter Biden als „stark“ ausgeben. Schließlich bezichtigten sich im Wahlkampf beide Parteien gegenseitig, mit China viel zu milde umzugehen. Die von manchen Beobachtern mit Biden verbundene Hoffnung auf ein baldiges Ende des Handels- und Technologiekrieges mit China dürfte also so schnell nicht eintreten. Ein schnelles Ende der Strafzölle, die rund drei Viertel aller chinesischen Exporte in die USA betreffen, wird es so bald nicht geben. Ein gewisser Unterschied wird sich z.B. in der Einbeziehung Europas herauskristallisieren. Biden wird mehr als sein Vorgänger den Kontakt (nicht den Dialog . . .) mit Europa suchen, dabei aber auch klare Forderungen in politischer und finanzieller Hinsicht stellen. Dasselbe wird für die NATO gelten, wo z.B. Deutschland damit rechnen muß, deutlicher als bisher auf die Erfüllung der eigentlich vereinbarten Verteidigungsausgaben angesprochen zu werden.

Biden: Abschied von Öl und Gas

Im Energiebereich ließ Biden schon seit längerem ganz klar durchblicken, daß er auch für die USA einen langfristigen Abschied von Öl und Gas anstrebt. Für die entsprechenden Industriezweige, insbesondere im Bereich des Fracking, brechen damit schwere Zeiten an. Auch die europäischen Öl- und Gaskunden müssen sich dadurch bedingt auf wieder steigende Preise einstellen. Einiges Konfliktpotential wird sich bezüglich des deutschen Handelsbilanzüberschusses ergeben, der bereits unter Präsident Obama – mit Biden als Vize – ein latentes Streitthema war. Der Ton wird verbindlicher werden, der Standpunkt wird sich kaum ändern. Ähnliches ist für globale Institutionen wie z.B. die Welthandelsorganisation zu erwarten. Auch hier teilen die Demokraten letztlich die von Trump offen praktizierte Ablehnung – nur eben im Ton verbindlicher.

Unter Biden kein Ende der Ausgabenzuwächse

Als der Demokrat Barack Obama US-Präsident war, pochten die Republikaner lautstark (und vergeblich) für den Staat auf Haushaltsdisziplin und Schuldenabbau. Unter Trump war davon aber kaum mehr die Rede. Eine Ende 2017 verabschiedete Steuersenkung beflügelte zwar die Aktienmärkte, wird den USA aber bis 2027 Mindereinnahmen von rund 2 Billionen Dollar bescheren. Mit der Corona-Krise ist das Jahres-Staatsdefizit der USA auf mehr als drei Billionen Dollar gestiegen und in diesem Jahr werden die Staatsschulden mit rund 27 Billionen Dollar zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die jährliche Wirtschaftsleistung der USA übersteigen. Und ein Ende der Ausgabenzuwächse ist unter Biden nicht abzusehen – zu den Corona-Hilfen werden Konjunkturpakete für die Wirtschaft allgemein, für die teilweise marode Infrastruktur des Landes und noch einiges mehr kommen. Notenbankchef Jerome Powell steht längst bereit und „ölt“ die Gelddruckmaschinen.

Wunsch von Biden: Energieversorgung „entkarbonisieren“

Die US-Kritik an der noch unfertigen Gaspipeline North Stream 2 (um hierauf noch einmal gesondert einzugehen) wird anhalten. Bereits Bidens früherer „Chef“ Barack Obama war gegen dieses Projekt. Damals wie heute geht es um die Verhinderung zusätzlicher russischer Gasexporte nach Europa und aktuell kommt noch Bidens erklärter Wunsch hinzu, die weltweite Energieversorgung zunehmend zu „entkarbonisieren“, also von Öl und Gas unabhängig zu machen.

Weil sich an der Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA nicht viel ändern wird, bestehen auch die damit verbundenen Risiken fort. Wie im Euro wird auch im US-Dollar die Geldmenge weiterhin rasant steigen und vor dem finalen Crash wird es zu weiteren Blasenbildungen bzw. -ausweitungen kommen, durch die sich der geneigte Leser nicht verwirren lassen sollte. Diversifizieren, Sachwerte, Gold – das bleiben auf den Punkt gebracht die Eckpunkte der von uns vertretenen Anlagephilosophie. (tb)


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