Unzureichendes Risikomanagement bei der Einkommensteuerveranlagung

von , 21.03.2020, 00:59 Uhr

Die Steuerverwaltungen der Bundesländer haben sich in den letzten Jahren bemüht, ein Risikomanagement für die Einkommensteuerveranlagung aufzubauen. Wie Untersuchungen belegen, lässt das Risikomanagement jedoch noch viel zu wünschen übrig.

Die Finanzämter setzen zur Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen seit einiger Zeit ein maschinelles System ein. Hierbei überprüft ein programmgesteuerter Filter die Daten eines Steuerfalls auf potenzielle Steuerausfallrisiken. Werden keine überprüfenswerten Angaben ermittelt, kann der Einkommensteuerbescheid elektronisch erlassen werden, ohne dass ein Sachbearbeiter von dem Inhalt der Steuererklärung Kenntnis nimmt. Identifiziert der Filter dagegen Risiken, wie z. B. bei erstmalig erklärten Sachverhalten oder gegenüber dem Vorjahr stark abweichenden Angaben, werden vom Risikomanagementsystem Prüf- und Bearbeitungshinweise ausgegeben. Die Sachbearbeiter sind grundsätzlich gehalten, nur diese Hinweise abzuarbeiten.

Im Jahr 2016 wurden die Steuergesetze in weiten Teilen an die fortschreitende Technisierung und Digitalisierung angepasst. Seitdem schreibt die Abgabenordnung als Mindestanforderung für ein Risikomanagementsystem vor, dass es eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden personellen Prüfung nach dem Prinzip der Zufallsauswahl bereitstellen muss. Zumeist wird für diese Zufallsauswahl eine Quote von 2 oder 3 Prozent vorgegeben. 

Hohe Fehlerquote bei der personellen Bearbeitung von Steuerfällen      

Aus einem Bundesland wurde vor kurzem das Ergebnis einer Überprüfung von rund 1.200 Einkommensteuerveranlagungen bekannt. Darunter waren rund 500 Veranlagungen, die im Rahmen der Zufallsauswahl umfassend personell bearbeitet worden waren. Bei rund 60 Prozent der in die Zufallsauswahl einbezogenen Fälle wurden bei der Überprüfung Bearbeitungsmängel festgestellt. Die Fehlerquote von 60 Prozent verdeutlicht, dass die vorgeschriebene umfassende Prüfung der zufällig ausgewählten Steuerfälle durch die Sachbearbeiter nicht erfolgt war. Weder im Prüfungsumfang noch in der Prüfungstiefe waren Unterschiede zu den Fällen erkennbar, bei denen nur einzelne Prüfhinweise zu bearbeiten waren. Auch bei Überprüfungen in anderen Bundesländern wurden vergleichbare Feststellungen getroffen.      

In den Steuererklärungen mitgeteilte Sachverhalte wurden häufig nicht überprüft      

Da die Fälle der Zufallsauswahl umfassend zu überprüfen sind, müsste ihre Bearbeitung häufig Maßnahmen zur Ermittlung der erklärten Sachverhalte auslösen. Tatsächlich hatten die Bearbeiter jedoch nur in jedem fünften Fall eine entsprechende Maßnahme ergriffen. Einfache Überprüfungen, wie die der Entfernung der Wohnung von der Tätigkeitsstätte oder die der Zahl der jährlichen Arbeitstage (Fahrten), unterblieben selbst bei zweifelhaften Angaben. Die Finanzverwaltung des in Rede stehenden Bundeslandes hat hinsichtlich der Bearbeitungsmängel ausgeführt, es hätten zwischenzeitlich Schulungen stattgefunden. Die festgestellten Fälle mit Bearbeitungsmängeln seien größtenteils vor diesen Schulungen bearbeitet worden. Verbesserungen bei der Qualität der Bearbeitung seien inzwischen zu erkennen.      

Die Datengrundlage für das Risikomanagementsystem war mangelhaft      

Im Zuge der erwähnten Überprüfung wurde weiterhin festgestellt, dass in vielen Fälle die von den Steuerpflichtigen übermittelten Angaben (Erklärungs- oder Primärdaten) nicht korrekt erfasst worden waren. Änderungen der ursprünglichen Angaben durch die Bearbeiter (Sekundärdaten) waren nicht kenntlich gemacht worden. Mehrjahresvergleiche waren teilweise nicht möglich, weil Daten zum gleichen Sachverhalt in aufeinanderfolgenden Jahren bei unterschiedlichen Kennzahlen erfasst waren. Bei einer unzutreffenden Datengrundlage werden wesentliche Funktionen des Risikomanagementsystems außer Kraft gesetzt. Auch in Bezug auf die Datengrundlage des Risikomanagementsystems sollen Schulungen in den Finanzämtern zukünftig für Verbesserungen sorgen.      

Die Dokumentation der Bearbeitung muss verbessert werden      

Die Sachbearbeiter führten die Steuerakten oftmals nicht ordnungsgemäß. Beispielsweise wurden Unterlagen, die nicht nur für einen Veranlagungszeitraum von Bedeutung sind (Dauersachverhalte), häufig zu den aktuellen Jahren abgeheftet und spätestens bei der übernächsten Veranlagung nicht mehr beachtet. Die Finanzverwaltung des betreffenden Bundeslandes hat erklärt, die Finanzämter seien angehalten, alle relevanten Informationen zu einem Steuerfall elektronisch abzulegen und zu speichern.

Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich die Bearbeitungsqualität bei der Einkommensteuerveranlagung verbessern, damit die Finanzämter sich verstärkt um problematische Fälle kümmern können. Dies wäre durchaus auch im Interesse der ehrlichen Steuerpflichtigen, sagt
Ihr stets korrekter

Gotthilf Steuerzahler
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Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler