Veraltete Tanker der Bundeswehr

von , 20.01.2021, 22:53 Uhr

Seit Jahren gelingt es den Verantwortlichen im Bundesverteidigungsministerium nicht, die Ausrüstung der Bundeswehr zu modernisieren. Vor kurzem wurde ein Bericht bekannt, der wieder einmal belegt, wie unwirtschaftlich der Betrieb von veralteten Systemen ist und wie schleppend Ersatzbeschaffungen vonstattengehen. 

In den Jahren 1974/75 kaufte die Bundeswehr zwei zivile Tanker und ließ sie für militärische Zwecke umbauen. Die Tanker sollen Schiffe und Boote der Marine mit Betriebsstoffen versorgen und so deren Mobilität weltweit erhöhen. Sie nehmen für die Bundeswehr auch internationale Verpflichtungen wahr, u. a. in Einsatzverbänden der NATO. Für die Tanker war ursprünglich eine Nutzungsdauer von 30 Jahren vorgesehen. Nach über 40 Jahren Betrieb zeigte die Schiffstechnik der Tanker, insbesondere die Antriebsmaschinen, viele Mängel und häufige Ausfälle. Daher musste die Marine Manöver wegen Motorschäden abbrechen und die Tanker zurückschleppen. 

In den letzten Jahren hat die Häufigkeit von Schäden zugenommen. Die Instandsetzung ist meist schwierig, weil viele Ersatzteile nicht mehr erhältlich sind und daher neu gefertigt werden müssen. Die Dauer von Instandsetzungsarbeiten und die Ausgaben hierfür stiegen in den vergangenen Jahren deutlich an. 

Mangelnde Zuverlässigkeit und Unwirtschaftlichkeit im Betrieb      

Die Tanker haben die für sie vorgesehene Nutzungsdauer von 30 Jahren weit überschritten. Ihre überalterten Anlagen verursachten häufig Ausfälle. Dies machte eine verlässliche Einsatzplanung immer schwieriger. Selbst zugesagte internationale Verpflichtungen waren nicht immer aufrechtzuerhalten. Durch den sich weiter verschlechternden Zustand der alten Tanker und die sehr schwierige Ersatzteilsituation verlängern und verteuern sich die Instandhaltungsmaßnahmen. Auch wenn die Verfügbarkeitsprobleme gelöst werden könnten, wäre ein Weiterbetrieb der alten Tanker unwirtschaftlich, wie die zuständigen Stellen der Bundeswehr selbst einräumen.      

Internationale Einsatzfähigkeit gefährdet      

Im Jahr 1973 wurde ein internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung geschlossen. Das Übereinkommen verlangt für zivile Öltanker älterer Bauart seit dem Jahr 2005 grundsätzlich zwei (Außen-)Hüllen. Sonst dürfen diese nicht mehr fahren. Für Militärschiffe soll durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass sie in Übereinstimmung mit dem internationalen Übereinkommen betrieben werden. 

Im Januar 2016 legte das Verteidigungsministerium fest, dass die Vorgaben des Übereinkommens auch für Schiffe der Bundeswehr grundsätzlich verbindlich sind. Die beiden hier in Rede stehenden Tanker haben nur eine Hülle. Die Bundeswehr betreibt sie aufgrund einer Ausnahmeregelung dennoch weiter. Verschiedene Staaten verbieten den Verkehr von Tankern mit nur einer Hülle in ihren Hoheitsgewässern, auch wenn sie als Militärschiffe Ausnahmen in Anspruch nehmen. Die beiden Tanker können somit international nicht mehr überall eingesetzt werden.     

Schleppende Nachfolgeplanung      

Im Jahr 2014 startete das Marinekommando eine Initiative, die alten Tanker durch zwei neue abzulösen. Im April 2016 wies das Verteidigungsministerium das Planungsamt der Bundeswehr an, die Anforderungen an die neuen Tanker zu erarbeiten. Um das Vorhaben zu beschleunigen und kostengünstig zu gestalten, sollten auch marktverfügbare Lösungen ─ ggf. mit notwendigen Anpassungen ─ berücksichtigt werden. 

Im Juli 2019 traf der Generalinspekteur der Bundeswehr die Auswahlentscheidung zu den ihm vorgelegten Lösungsvorschlägen. Darunter waren keine Vorschläge, vorhandene Tanker zu kaufen und ggf. für militärische Zwecke umzubauen. Vielmehr sollen neue Tanker entwickelt und gebaut werden. Der Zeitplan sieht so aus, dass ein Vertragsschluss für 2021 angestrebt wird, der erste der neuen Tanker soll dann im Jahr 2024 geliefert werden.   

Ein Kauf handelsüblicher Tanker wäre billiger gewesen      

Die technischen Probleme, der unwirtschaftliche Betrieb und die Umweltrisiken der alten Tanker sind der Bundeswehr seit langem bekannt. Dennoch begann sie mit der Nachfolgeplanung erst mehrere Jahre nach dem Ende der ursprünglich vorgesehenen Nutzungsdauer. Dann vergingen nochmals fünf Jahre bis zur Auswahlentscheidung. Sofern der Zeitplan eingehalten werden kann, werden die alten Tanker bereits 47 Jahre im Dienst sein, wenn der erste neue Tanker einsatzbereit ist. Die Bundeswehr hätte Zeit gewinnen und Geld sparen können, wenn sie an Stelle einer Neuentwicklung vorhandene Tanker gekauft und an den militärischen Bedarf angepasst hätte. Auch mehrere ausländische Marinestreitkräfte haben sich in jüngster Zeit für den Kauf handelsüblicher Tanker entschieden, die anschließend an den militärischen Bedarf angepasst wurden.  

Das Verteidigungsministerium will die alten Tanker weiterbetreiben      

Die alten Tanker will das Verteidigungsministerium trotz allem weiterhin in Betrieb halten, sie müssten halt immer wieder instandgesetzt werden. Ihr Zustand sei nicht bedenklich, ein sicherer bestimmungsgemäßer Gebrauch sei unverändert möglich. Nur mit einem Weiterbetrieb der alten Tanker könne die Betriebsstoffversorgung auf See sichergestellt werden, bis die neuen Tanker zur Verfügung stünden. Auch die Verpflichtungen gegenüber der NATO könnten nur so eingehalten werden. 

Der geschilderte Fall schließt sich nahtlos an viele ähnlich schief gelaufene Beschaffungsvorhaben des Verteidigungsministeriums an. Vor diesem Hintergrund, liebe Leserinnen und Leser, bleibt uns nur die Hoffnung, dass die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr nie ernsthaft auf die Probe gestellt wird, sagt kopfschüttelnd

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler