Wenn Steuerberater ihre Steuern nicht bezahlen …

von , 20.07.2019, 11:00 Uhr

Steuerberater sind Freiberufler, deren Berufsausübung allerdings strengen Reglementierungen unterliegt. Nach dem Steuerberatungsgesetz haben sie ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft auszuüben. Sie haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Auch außerhalb ihrer Berufstätigkeit müssen sie sich des Vertrauens und der Achtung würdig erweisen, die ihr Beruf erfordert. Für Rechtsanwälte und Notare gelten vergleichbare Vorschriften. 

Ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse sind ein Indiz für die Verletzung der Pflicht zu vertrauenswürdigem Verhalten. Hohe Steuerschulden deuten auf ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse hin. Die Finanzämter sind kraft Gesetzes verpflichtet, Hinweise auf ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse von Angehörigen der genannten Berufe an ihre vorgesetzte Behörde zu melden, welche diese Informationen dann an die jeweilige Berufskammer oder – bei Notaren – auch an die Justizverwaltung weiterzuleiten hat. Die Finanzämter haben keinen Ermessensspielraum, ob sie diese Meldung abgeben oder nicht. 

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Gegen einen Steuerberater, Rechtsanwalt oder Notar, der seine beruflichen Pflichten schuldhaft verletzt, können berufsrechtliche Sanktionen verhängt werden. Die Maßnahmen reichen von einem Verweis über Geldbußen bis zu einem zeitlich begrenzten Berufsverbot und in letzter Konsequenz zur Ausschließung aus dem Beruf. 

Meldungen an die Berufskammern unterblieben häufig      

Eine vor kurzem erfolgte Auswertung der Vollstreckungsakten in verschiedenen Finanzämtern ergab Folgendes: Bei allen drei hier in Rede stehenden Berufsgruppen zeigten sich Fälle, in denen Meldungen an die vorgesetzte Behörde über hohe Steuerrückstände mehrere Jahre lang unterblieben waren. Die Steuerrückstände waren durchaus erheblich, sie beliefen sich auf bis zu 300.000 Euro und bestanden in einigen Fällen schon mehr als zehn Jahre. Die Finanzämter beachteten überdies nicht, dass die mögliche Einleitung einer berufsrechtlichen Maßnahme auch dem Zweck dient, das Entstehen neuer Steuerschulden zu verhindern. 

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Der Fall eines Rechtsanwalts, der seit Mitte der 80er-Jahre Vollstreckungsschuldner eines Finanzamts war, zeigt dies exemplarisch. Bis zum Jahr 2001 waren die Steuerschulden auf 88.000 Euro angewachsen. Im Jahr 2012 betrugen sie sogar 250.000 Euro. Erst mit einer 17-jährigen Verspätung erfolgte schließlich eine Mitteilung an die Rechtsanwaltskammer.      

Dauerschätzungen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen      

Gibt ein Steuerpflichtiger keine Steuererklärungen oder Steueranmeldungen ab, schätzt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Die pflichtwidrige Nichtabgabe von Steuererklärungen begründet regelmäßig einen Steuerhinterziehungsverdacht und stellt damit ebenfalls ein Indiz für eine Berufspflichtverletzung dar. Im Rahmen der erwähnten Untersuchung wurden Dauerschätzungen über mehrere Jahre wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen bei allen hier in Rede stehenden Kammerberufen vorgefunden. Die Finanzbehörden unterließen eine Mitteilung an die Kammern. Die nicht ordnungsgemäße Wirtschaftsführung der Angehörigen der Kammerberufe blieb in diesen Fällen folgenlos.      

Mehrfachverfehlungen      

In einigen Fällen wurde festgestellt, dass gleich mehrere Hinweise auf Berufspflichtverletzungen vorlagen. Die Finanzämter reagierten weder auf die einzelne Verfehlung noch auf das Zusammentreffen mehrerer Verfehlungen mit einer zeitnahen Meldung an die vorgesetzte Behörde. Beispielsweise beliefen sich die Steuerschulden eines Rechtsanwalts im Jahr 2016 auf 164.000 Euro. Über die bestehenden Rückstände hinaus gab er Steuererklärungen und -anmeldungen nicht ab. Das Finanzamt nahm infolgedessen Umsatzsteuerschätzungen vor.   

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Die Finanzämter wollen in Verdachtsfällen konsequenter sein      

Als Ergebnis der erwähnten Untersuchung wollen die Finanzämter ihrer vorgesetzten Behörde konsequenter als bisher Verdachtsfälle von Berufspflichtverletzungen mitteilen. Auch bei wiederholter Nichtabgabe von Steuererklärungen sollen zukünftig Meldungen erfolgen. Für uns brave Steuerbürger bleibt jedoch die Frage offen, weshalb die Finanzämter bisher so nachsichtig mit Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren umgegangen sind, wenn diese ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllt haben. Wo doch ansonsten die Finanzämter nicht gerade für ihren Langmut bekannt sind, liebe Leserinnen und Leser, sagt verwirrt 

Ihr
Gotthilf Steuerzahler 

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler