Zentralisierung von Beschaffungen in der öffentlichen Verwaltung gestaltet sich schwierig

von , 22.02.2020, 14:24 Uhr

Die betriebswirtschaftlich sinnvolle Zentralisierung von Aufgaben setzt sich in der öffentlichen Verwaltung manchmal nur sehr zögerlich durch. Ein derartiger Fall wurde vor kurzem aus einem ostdeutschen Bundesland bekannt, wo eine zentrale Beschaffungsstelle eingerichtet wurde. Leider wird jedoch nur selten der naheliegenden Frage nachgegangen, aus welchen Gründen Zentralisierungsansätze in der Verwaltungspraxis so unbeliebt sind.

Im Jahr 2005 beschloss die Landesregierung des betreffenden Bundeslandes, eine Zentralstelle für das Beschaffungswesen zu errichten und eine elektronische Beschaffungs- und Vergabeplattform aufzubauen. Alle Dienststellen der Landesverwaltung wurden verpflichtet, Beschaffungen ihres Standardbedarfs künftig über diese Zentralstelle abzuwickeln. Als Standardbedarf wurden regelmäßig benötigte Artikel wie Büro- und Geschäftsbedarf, weiterhin auch Dienstkleidung, Kraftfahrzeuge, Standard-PC, Standard-Software und Drucker festgelegt. Darüber können sich die Dienststellen auch für die Beschaffung von Nicht-Standardbedarf der Leistungen der Zentralstelle bedienen.

Durch die Zentralisierung sollten dezentrale Beschaffungsvorgänge wegfallen und damit Kosten eingespart werden. Zudem sollten durch die Bündelung von spezialisiertem Sachverstand die Verfahrenssicherheit und die Vergaberechtskonformität erhöht werden. Die Landesregierung ging bei der Zentralisierung davon aus, dass die Beschaffungsstelle auf Dauer eine hohe Auslastung und Arbeitseffektivität aufweisen müsse, um die Kosten für deren Aufbau zu rechtfertigen.

Die zentrale Beschaffungsstelle wurde nur in geringem Umfang genutzt

Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung hat der Rechnungshof des betreffenden Bundeslandes für die Jahre 2012 bis 2016 geprüft, wie sich die Zentralisierung des Beschaffungswesens entwickelt hat. In der Landesverwaltung gab es im geprüften Zeitraum mehr als 60.000 Maßnahmen zur Beschaffung von Standardbedarf. Das damit verbundene Vergabevolumen belief sich auf fast 80 Millionen Euro. Es wurden nur 37 % der Beschaffungen (rund 23.000) mit einem Vergabevolumen von rund 33 Millionen Euro über die zentrale Beschaffungsstelle abgewickelt. Die Inanspruchnahme der Beschaffungsstelle bei der Beschaffung von Nicht-Standardbedarf im betrachteten Zeitraum war noch viel geringer (2,5 bis 4,0 Prozent der rund 135.000 Beschaffungsvorgänge).

Die Ziele der Reform wurden nicht erreicht

Der Rechnungshof hat auch die Personalausstattung im Beschaffungswesen des Bundeslandes untersucht. Er kam zu der Feststellung, dass die beabsichtigten Personaleinsparungen in den einzelnen Dienststellen der Landesverwaltung nicht eingetreten sind. Andererseits liege die Personalausstattung der zentrale Beschaffungsstelle unterhalb des seinerzeit angestrebten Niveaus, was das Haupthindernis für die Ausweitung ihrer Leistungen darstelle. Zusammenfassend kam der Rechnungshof zu dem Ergebnis, dass auch mehr als 10 Jahre nach der Reform des Beschaffungswesens die mit der Zentralisierung angestrebten Ziele nicht erreicht worden sind.

Auch die Landesregierung sieht Handlungsbedarf

Der Rechnungshof hat von der Landesregierung verlangt, dass die Verpflichtung der Landesdienststellen zur Beschaffung von Standardbedarf über die zentrale Beschaffungsstelle nunmehr durchgesetzt und in regelmäßigen Abständen überprüft wird. Das zuständige Landesinnenministerium hat für die Landesregierung darauf hingewiesen, dass die Koordinierung der zentralen Beschaffung sowie eine entsprechende Prozess- und Ablaufoptimierung als eine ressortübergreifende Aufgabe anzusehen sei. Das benötige Zeit und dafür müsse eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Auch wenn grundsätzlicher Handlungsbedarf bestehe, seien gleichwohl wesentliche Ziele der Reform erreicht worden.

Die Verwaltungspraxis behilft sich mit freihändigen Vergaben

Ursache für die nur geringe Bereitschaft der einzelnen Landesdienststellen, sich der zentralen Beschaffungsstelle zu bedienen, ist nicht nur die weit verbreitete Unlust von Behörden, Kompetenzen und möglicherweise sogar Personal abzugeben. Dahinter steht auch die nachvollziehbare Sorge, dass man in Abhängigkeit von der Beschaffungsstelle und deren Entscheidungen gerät und schnelle Reaktionen auf kurzfristig entstehende Bedarfe nicht mehr möglich sind.

Überdies nutzen viele Behörden – nicht immer vorschriftenkonform – das Instrument der freihändigen Vergabe in großem Stil und umgehen dadurch die hochbürokratischen Regelungen des Vergaberechts. Die Möglichkeiten zur freihändigen Vergabe, liebe Leserinnen und Leser, sollten tendenziell ausgeweitet werden. Die schwierigeren Vergabefälle sollten hingegen konsequent zentralisiert werden. So könnte eine Balance zwischen den Anforderungen der Verwaltungspraxis und den Vorteilen der Zentralisierung gefunden werden, meint

Ihr

Gotthilf Steuerzahler

www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.

Gotthilf Steuerzahler