Zu viele Vorschriften – sogar für erfahrene Bürokraten

von , 26.10.2019, 11:05 Uhr

In Deutschland wird so ziemlich alles durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Aber es gibt Vorschriften, die selbst erfahrene Bürokraten nicht kennen und dementsprechend auch nicht anwenden.

Eine dieser unbekannten Regelungen ist die Mitteilungsverordnung des Bundes, die in den steuerrechtlichen Zusammenhang gehört. Die Mitteilungsverordnung verpflichtet alle Behörden, den Finanzämtern unaufgefordert Zahlungen mitzuteilen, wenn der Zahlungsempfänger nicht im Rahmen einer gewerblichen oder freiberuflichen Haupttätigkeit gehandelt hat oder wenn die Zahlung nicht auf das Geschäftskonto des Zahlungsempfängers erfolgt. In Betracht kommen vor allem Zahlungen für nebenberufliche Tätigkeiten. Von der Mitteilungspflicht ausgenommen sind Zahlungen von weniger als 1.500 Euro je Empfänger und Kalenderjahr (Bagatellgrenze). In der Praxis sind Mitteilungen meist zu fertigen aufgrund von Zahlungen an Dozenten, Gutachter oder sonstige Honorarkräfte. Die Mitteilungsverordnung soll sicherstellen, dass Zahlungen aus öffentlichen Kassen versteuert werden.

Die Behörde schickt die Mitteilung an das Wohnsitzfinanzamt des Zahlungsempfängers. Sodann prüft das Finanzamt anhand der Einkommensteuererklärung, ob die mitgeteilten Einnahmen versteuert worden sind. Hat der Zahlungsempfänger solche Einkünfte aus öffentlichen Kassen nicht erklärt, leitet das Finanzamt steuerstrafrechtliche Ermittlungen ein. 

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Viele Behörden kannten die Mitteilungsverordnung nicht      

In einem kleineren Bundesland wurde vor kurzem überprüft, ob die Mitteilungsverordnung von den Behörden des Landes tatsächlich angewendet wird. Die Landtagsverwaltung, die Staatskanzlei und sieben Ministerien bestätigten, dass dem so sei. Einem Ministerium war die Mitteilungsverordnung nicht bekannt. Auch 10 der 28 nachgeordneten Behörden dieses Bundeslandes räumten ein, die Mitteilungsverordnung nicht zu kennen. Immerhin 11 der insgesamt 38 befragten Behörden waren demnach so ehrlich und gaben zu, die Mitteilungsverordnung nicht zu kennen. Im weiteren Verlauf der Überprüfung wurde festgestellt, dass 4 dieser 11 Behörden bei Anwendung der Verordnung mindestens 66 Mitteilungen hätten fertigen müssen. Sechs Behörden, die die Mitteilungsverordnung anwandten, hatten 20 Mitteilungen zu wenig erstellt.      

Gescheiterte Änderung der Mitteilungsverordnung      

Gerichte und Staatsanwaltschaften unterliegen derzeit für Zahlungen in Rechtssachen nicht der Mitteilungsverordnung. Betroffen sind hauptsächlich Entschädigungen an Sachverständige und Vergütungen an Betreuer, wobei Letztere nicht unter die Verordnung fallen, wenn sie hauptberuflich Zahlungen erhalten. Im Jahr 2012 gab es Bestrebungen, durch eine Neufassung der Mitteilungsverordnung sämtliche Zahlungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften mitteilungspflichtig zu machen. Die Neufassung scheiterte jedoch im Bundesrat, weil zweifelhaft erschien, ob der entstehende Aufwand durch Steuermehreinnahmen gedeckt werden würde.   

Einige Zahlungen wurden bei der Einkommensteuererklärung nicht angegeben      

In dem kleinen Bundesland fand bei sieben Finanzämtern eine Überprüfung statt, ob die Zahlungen von Gerichten und Staatsanwaltschaften an Betreuer und Sachverständige auch bei der Einkommensteuererklärung deklariert worden waren. Es handelte sich um 367 Zahlfälle über insgesamt 13,5 Millionen Euro. In immerhin 26 Fällen hatten die Empfänger die Zahlungen nicht oder nicht vollständig erklärt. Die Finanzämter änderten daraufhin die Steuerfestsetzungen. Es ergaben sich Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 144.000 Euro zuzüglich Zinsen. In 18 dieser Fälle wurde die Bußgeld- und Strafsachenstelle des zuständigen Finanzamts eingeschaltet.      

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Eine Änderung der Mitteilungsverordnung wird erneut versucht      

Als Ergebnis der Überprüfung gibt es nunmehr Bestrebungen, die seinerzeit ausgesetzte Änderung der Mitteilungsverordnung erneut anzugehen. Um die oftmals schwierige Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit zu vermeiden, soll jede Zahlung aus einer öffentlichen Kasse den Finanzämtern mitgeteilt werden, sofern nach Ablauf des Jahres die Bagatellgrenze überschritten ist. Überdies soll die Mitteilung um die Steuer- oder Identifikationsnummer des Empfängers ergänzt werden. Das Finanzministerium des in Rede stehenden Bundeslandes will sich für eine entsprechende Rechtsänderung einsetzen. Wie man sehen kann, liebe Leserinnen und Leser, wird das Netz der Steuervorschriften noch ein wenig dichter gewoben werden, sagt

Ihr stets korrekt deklarierender

Gotthilf Steuerzahler 

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler