Zu wenig Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit

von , 17.11.2020, 14:10 Uhr

Im Jahr 2019 betrug der durch die Zollbehörden festgestellte Schaden durch Schwarzarbeit nach Angaben der Bundesregierung über 750 Millionen Euro. Die tatsächlichen Schäden dürften weit darüber hinausgehen.

Wissenschaftliche Studien schätzen den Umfang der Schattenwirtschaft in Deutschland auf über 300 Milliarden Euro. In den letzten Jahren hat sich deutlich eine Entwicklung zu organisierten Formen der Schwarzarbeit gezeigt. Die Tätergruppen agieren national und international mit immer komplexeren Methoden, um ihre kriminellen Geschäftsmodelle trotz der Verfolgung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung fortzusetzen. Die Ermittlungen stellen aufgrund von sich stetig verändernden und komplexen Verschleierungsformen bis zu einem gerichtsfesten Tatnachweis hohe personelle und sachliche Anforderungen an die zuständigen Behörden.

Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Steuerhinterziehung fallen häufig zusammen und können von den zuständigen Behörden nur gemeinsam bekämpft werden. Zu diesem Zweck ist seit dem Jahr 2004 das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung in Kraft. Es verpflichtet die Zollbehörden, mit einer Vielzahl von Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen zusammenzuarbeiten. Die Zoll- und die übrigen Behörden haben dazu die erforderlichen Informationen – einschließlich personenbezogener Daten und Ergebnisse der Prüfungen – auszutauschen. 

Zoll- und Finanzbehörden geben ihre Erkenntnisse nicht weiter      

In der Zollverwaltung ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit für die Schwarzarbeitsbekämpfung zuständig. Vor kurzem hat der Bundesrechnungshof untersucht, wie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und die Steuerbehörden bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit zusammenarbeiten. Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Praxis der Zusammenarbeit der Rechtslage nicht gerecht wird. Zoll- wie Steuerbehörden bestehen auf ihre jeweilige Datenhoheit und geben Daten untereinander oder an andere Behörden nur unzureichend weiter. Diese Verfahrensweise behindert eine erfolgreiche Bekämpfung der Schwarzarbeit. Sie widerspricht der Intention des Gesetzgebers, der die Zoll- und Steuerbehörden zu einer offenen und konstruktiven Zusammenarbeit verpflichtet hat.

Scheinrechnungen für nicht geleistete Arbeit      

Beispielsweise führt die Generalzolldirektion seit dem Jahr 2014 eine Datei mit den Namen von über 5.000 Scheinunternehmen, die sie auch als „Servicefirmen“ bezeichnet. Diese Scheinunternehmen stellen an gewerbliche Unternehmer Scheinrechnungen für nicht geleistete Arbeiten aus. Die gewerblichen Unternehmer bezahlen die Rechnung und erhalten im Gegenzug das Geld abzüglich einer Provision von den Servicefirmen in bar zurück. Hierdurch erzeugen sie für den gewerblichen Unternehmer Schwarzgeld, mit dem dann Beschäftigte bar bezahlt werden können. Scheinrechnungen werden in erheblichem Umfang wie eine Ware am Markt gehandelt und in den Wirtschaftskreislauf eingebracht. Bereits nach einigen Monaten werden bestehende Scheinfirmen durch neue Scheinfirmen ersetzt.      

Die Zollbehörden geben die Namen der Scheinunternehmen nicht heraus      

Obwohl die Zollbehörden verpflichtet sind, die Steuerbehörden über Anhaltspunkte für Steuerhinterziehung zu unterrichten, wenn sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Steuergesetze ergeben, verweigern sie die Herausgabe der Liste von Scheinunternehmen. Das Bundesfinanzministerium hat Bedenken, die Datei den Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen, da diese permanent von den Zollbehörden verändert wird, weil neue verdächtige Personen und Unternehmen hinzukommen bzw. alte gestrichen werden, bei denen sich der Verdacht als nicht begründet erwiesen hat. Aufgrund der ständigen Veränderung sei es schwierig, das datenschutzrechtliche Gebot nach sachlich richtigen und auf dem neuesten Stand befindlichen Daten zu erfüllen. Wieder einmal eine absurde Folge von übertriebenem Datenschutz, der ja hierzulande hoch im Kurs steht!      

Steuerbehörden verweigern Zollbehörden Akteneinsicht      

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erhält häufig Hinweise auf Schwarzarbeit. Zu Beginn der Ermittlungen trägt sie Informationen zusammen, die diese Hinweise bestätigen oder redliche Personen entlasten können. In vielen Fällen ist die Finanzkontrolle dabei auf steuerliche Daten angewiesen. Im Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist vorgesehen, dass die Zollbehörden die Daten erhalten, die für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs erforderlich sind. Die Abgabenordnung lässt in diesen Fällen grundsätzlich eine Datenweitergabe zu. Da der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Inhalt der Steuerakten nicht bekannt ist, kann sie an die Steuerbehörden keine gezielten Fragen richten.      

Unzureichende technische Infrastruktur      

Der vom Gesetzgeber angestrebte Informationsverbund zwischen den Zoll- und den übrigen Behörden wird nicht nur durch eine restriktive Haltung beim Datenaustausch behindert, es fehlt auch an der erforderlichen technischen Infrastruktur. Es besteht keine gemeinsame Plattform, um Daten unterschiedlicher Behörden auszutauschen, zusammenzufügen und zu nutzen. So ist es Bund und Ländern bisher nicht möglich, sensible Daten sicher per E-Mail auszutauschen. Sie verwenden unterschiedliche Verschlüsselungssysteme, die nicht miteinander kommunizieren können.

In der Praxis behelfen sich einige Zoll- und Steuerbehörden, indem sie die Daten auf einem externen Speichermedium persönlich übergeben. Teilweise werden die Daten beim Absender ausgedruckt, in Papierform übersandt und von den Empfängern erneut erfasst. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Behinderungen dazu führen, dass in vielen Fällen auf den notwendigen Datenaustausch verzichtet wird.   

Das Bundesfinanzministerium hat Schritte in die richtige Richtung eingeleitet      

Angesichts zunehmend organisierter Formen der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung mit Schäden in Milliarden-Euro-Höhe erfordert der Schutz des Fiskus, der Sozialsysteme sowie der redlichen Unternehmen und deren Beschäftigten eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Der Gesetzgeber hat hierzu die rechtlichen Voraussetzungen für einen Informationsverbund geschaffen.

Die Zoll- und Steuerbehörden sollten ihre Ermächtigung für einen umfassenden Datenaustausch auch ausschöpfen. Das Bundesfinanzministerium sollte die bestehenden Barrieren zügig abbauen. Es sollte besonders die technischen Voraussetzungen für einen sicheren elektronischen Datenaustausch der Zoll- und der übrigen Behörden schaffen.
Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium die Notwendigkeit dazu erkannt und einzelne Schritte in die richtige Richtung eingeleitet. Es steht zu hoffen, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit dadurch intensiviert wird, sagt mit Nachdruck

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler