Stark steigende Ausgaben beim Kindergeld für volljährige Kinder

von , 29.05.2022, 22:08 Uhr

In Deutschland erhalten Eltern Kindergeld oder Kinderfreibeträge, um den Aufwand  für den Unterhalt ihrer Kinder zu kompensieren. Das Kindergeld zahlen überwiegend die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit aus. Die Finanzämter berücksichtigen die Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuerveranlagung der Eltern. Im Jahr 2011 änderte der Gesetzgeber die Voraussetzungen, unter denen volljährige Kinder beim Kindergeld bzw. steuerlich berücksichtigt werden können. 

Bis zum Jahr 2011 gab es Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge für volljährige Kinder nur, wenn deren Einkommen unter einer bestimmten Grenze blieb. Seit dem Jahr 2012 wird ein volljähriges Kind bis zum Abschluss seiner ersten Berufsausbildung berücksichtigt. Danach wird es nur berücksichtigt, wenn es nicht oder nur bis zu 20 Wochenstunden arbeitet, in einem Ausbildungsverhältnis steht oder geringfügig beschäftigt ist. Die Höhe des Einkommens des Kindes ist ohne Belang.

Nach Ansicht des Gesetzgebers war die Prüfung der Einkommensgrenze in vielen Fällen kompliziert und aufwendig. Von ihr seien nur wenige volljährige Kinder betroffen gewesen. Durch den Wegfall der Einkommensgrenze verringere sich der Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten (Eltern und ihre volljährigen Kinder, Finanzämter und Familienkassen).

Die Ausgaben der Familienkassen für volljährige Kinder sind auf eine Milliarde gestiegen

Der Gesetzgeber nahm bei der Reform im Jahr 2011 an, dass die Anzahl der volljährigen Kinder um 70.000 Fälle zunehmen werde. Er erwartete zusätzliche Ausgaben und geringere Steuereinnahmen von insgesamt 200 Millionen Euro jährlich. Bereits im Jahr 2014 wurden 225.000 volljährige Kinder gezählt, deren Eltern zum Bezug von Kindergeld berechtigt waren. Dadurch entstanden jährliche Kindergeldausgaben von mindestens 500 Millionen Euro. Nach Schätzungen sollen sich die Ausgaben der Familienkassen für volljährige Kinder inzwischen auf rund eine Milliarde Euro erhöht haben. Die Einnahmeverluste des Staates durch die Kinderfreibeträge lassen sich nicht ermitteln.

Die Ausbildungsvergütungen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen

Die durchschnittlichen monatlichen Ausbildungsvergütungen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Kinder erhalten in vielen Ausbildungsberufen ein Entgelt, mit dem sie ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können. So zahlt der öffentliche Dienst an seine Auszubildenden, Anwärter und Praktikanten Entgelte, die teilweise deutlich über dem steuerlichen Existenzminimum liegen. Entsprechendes gilt für Soldaten, die eine Ausbildung in der Bundeswehr absolvieren, und für viele dual Studierende oder Auszubildende in einer dualen Ausbildung. Gleichwohl erhalten in diesen Fällen die Eltern zusätzlich Kindergeld oder den Kinderfreibetrag.

Kommt es hier zu Mitnahmeeffekten?

Angesichts dieser Entwicklung wurden kritische Stimmen im politischen Raum laut. Die Kritiker wiesen darauf hin, dass die Zahl der hier in Rede stehenden Fälle weiter steigen werde. Sie warfen dem zuständigen Bundesfinanzministerium vor, dem Gesetzgeber nicht mitgeteilt zu haben, dass die ursprünglich erwarteten Fallzahlen weit übertroffen worden seien. Der Gesetzgeber könne nur anhand entsprechender Informationen entscheiden, ob er eine solche Entwicklung der Ausgaben für Kindergeldzahlungen auch künftig hinnehmen wolle. Die Kinder mit hohen Ausbildungsvergütungen könnten ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreiten. Infolgedessen seien deren Eltern nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet und benötigten daher keine zusätzliche Unterstützung durch das Kindergeld. Es komme hier zu beträchtlichen Mitnahmeeffekten.

Die kinderbezogenen Leistungen sollen künftig gebündelt werden

Im vorliegenden Zusammenhang hat sich eine pauschale Regelung wider Erwarten zum Vorteil vieler Bürger ausgewirkt. Viele Eltern, denen der Staat sonst bei jeder Gelegenheit in die Tasche greift, haben von der Regelung profitiert, da sollte man nicht gleich von Mitnahmeeffekten sprechen. Im Übrigen haben die Ampel-Koalitionäre in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, alle kindbezogenen Leistungen wie auch das Kindergeld in einer Kindergrundsicherung zu bündeln. Volljährige Kinder sollen die Kindergrundsicherung direkt erhalten. Gehen wir mal davon aus, liebe Leserinnen und Leser, dass die Politik bei der Ausgestaltung der Kindergrundsicherung eine sachgerechte Lösung für volljährige Kinder finden wird, meint zustimmend

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler