Tempolimit und trotzdem rasen? So geht’s!

von , 28.12.2019, 17:34 Uhr

Das Reizthema Tempolimit ließ Deutschland selbst über die Weihnachtsfeiertage keine Ruhe. Während Millionen Deutsche mit dem Auto oder der Bahn quer durch die Republik fuhren, um ihre Verwandten und Liebsten zu besuchen, griff die neue SPD-Partei-Chefin Saskia Esken das unbeliebte Thema erneut auf. Ungeschickter kann man es sich mit potenziellen neuen Wählern kaum verscherzen. Zudem es auch eindeutig an Alternativen mangelt …

Tempolimit: Der ewige Kampf zwischen Befürwortern und Gegnern

Je nachdem welche Umfragen man bemüht, halten sich Kritiker und Befürworter des vorgeschlagenen generellen Tempolimits von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen in etwa die Waage. Beide Seiten haben ihre jeweiligen Argumente bereits bis zum Erbrechen vorgetragen. Die eine Seite will ihre Wähler nicht verprellen und es der eh schon wirtschaftlich angeschlagenen Automobilindustrie nicht noch schwerer machen. Die andere Seite orientiert sich überwiegend am Klima- und Umweltgedanken und setzt auf die menschliche Vernunft. Die Fronten sind verhärtet wie kaum bei einem anderen Thema.

Tempolimit-Diskussion wird falsch geführt

Unabhängig davon wird das Tempolimit jedoch falsch angegangen und diskutiert. Das ganze Thema wird nur auf der Vernunft- und Sachebene besprochen. Wenn wir ein Tempolimit von 130 einführen, werden x Tonnen CO2 eingespart und wir haben x Unfalltote weniger pro Jahr. Oder eben auch nicht. Mal ehrlich, das interessiert keine Sau. Schon gar nicht jemanden, der in seiner Garage Autos im Wert von mehreren 100.000 EUR stehen hat. Und mit erhobenem Zeigefinger von oben herab hat noch nie jemand eine Diskussion gewonnen.

Autofahren/Rasen: Der letzte Kick in der modernen zivilisierten Welt

Jemand, der mit Tempo 250 seinen neuen Tesla oder Porsche ausfahren will, will in der Regel keinen Unfall bauen oder Menschen töten. Sein Auto ist ihm dafür schon viel zu heilig. Er will einen Kick erleben. Einen Kick, den er 2019 im Alltag nicht erleben kann. Es sei denn er fährt regelmäßig Achterbahn, springt an einem Gummiseil von einer 100 Meter hohen Brücke oder stürzt sich aus 8 km Höhe aus einem Flugzeug.

Es geht um Abenteuer und Adrenalin. Vor 10.000 Jahren hat die tägliche Jagd nach etwas Essbarem den Adrenalinspiegel von ganz alleine in die Höhe getrieben. Kein Jäger und Sammler wäre damals auf die Idee gekommen nach “Feierabend” noch just for fun gegen einen Säbelzahntiger zu kämpfen. Das Limit an Angst und Kick war ja hormonell bereits ausreichend abgedeckt.

Heutzutage ist das anders. Wo erlebt der moderne Mensch im geordneten und (über)regulierten Alltag noch einen nennenswerten Adrenalinausstoß? Doch höchstens bei der Steuererklärung, beim Einkaufen oder beim Anblick der aktuellen Bitcoin-Kurse.

“Betreutes Rasen”

Wer laut über ein Tempolimit nachdenkt, muss Alternativen aufzeigen. Sonst macht er sich keine Freunde. Auch das (angestaute) Adrenalin muss ja irgendwo hin. Stichwort: Gewalt und Kriminalität … 

Allen Autofahrern, die gerne schneller als 130 unterwegs sein wollen, sollte daher die Gelegenheit geboten werden das auch zu tun. Konkret könnte man ihnen eigens abgesperrte Strecken (Nürburgring, AVUS, alte Flughafengelände u.ä.) anbieten, auf denen sie ihr Auto maximal ausreizen können. Auch kleine Rennen gegen andere Speed-Junkies wären denkbar. Auf diese Art hätte die eine Seite ihr gefordertes Tempolimit und die andere Seite könnte dennoch nach herzenslust rasen. Zusätzlich würden keine dritten Personen unnötig gefährdet. Im Prinzip eine Win-Win-Situation. 

Die Idee ist an sich nicht neu. Bereits in der Tuning-Szene und der Szene der berüchtigten (illegalen) Autorennen gibt es immer mehr Bestrebungen die Rennen aus der Illegalität zu holen. Der Weg ist allerdings mühsam, weil alles Verbotene natürlich sehr viel aufregender ist als ein offizielles Rennen.

Tempolimit: Nicht ob, sondern wann

Ob sich der beschriebene Vorschlag durchsetzen wird, ist nicht abzusehen. Wahrscheinlich nicht. Zu teuer, nicht umsetzbar, unrealistisch etc. Eines ist aber fast schon sicher: Ein Tempolimit in Deutschland ist nur eine Frage der Zeit. 

Das Auto ist heutzutage technisch hochgerüstet. Angefangen beim Navigationssystem, über die automatisch schließende Heckklappe bis hin zum autonomen Fahren, das immer besser wird. Der Schritt zu einem Tempolimit ist nicht weit. Es wäre technisch ein Leichtes alle Autos auf der Autobahn auf 130 zu drosseln. Den Tempomat gibt es auch schon seit den 1950ern.

Die Büchse der Pandora ist in Sachen Tempolimit schon längst geöffnet worden. Zu glauben Deutschland könne sich dem EU-weiten Trend eines Tempolimits entziehen, wäre naiv. Schließlich will die EU ja im Rahmen des “Green Deal” bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden.

Viele Grüße

Ihr Robert Schröder

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Robert Schröder