Der Staat verwertet Nachlassimmobilien schlampig

von , 19.05.2019, 14:49 Uhr

Der Staat wird Erbe kraft Gesetzes, wenn andere Erben nicht vorhanden sind. Zu einer Staatserbschaft kommt es, wenn alle in Betracht kommenden Erben die Erbschaft ausschlagen, zumeist weil der Nachlass überschuldet ist, oder der Erblasser sämtliche in Frage kommenden Verwandten enterbt hat. Weiterhin greift das gesetzliche Erbrecht des Staates ein, wenn das Nachlassgericht trotz intensiver Recherchen keine Erben ermitteln konnte. 

Durch das Erbrecht des Staates soll sichergestellt werden, dass es in jedem Fall einen Rechtsträger gibt, der sich um die geregelte Abwicklung eines Nachlasses kümmert. Gelegentlich wird der Staat auch testamentarisch als Erbe eingesetzt, zumeist verbunden mit einer Auflage bezüglich der Verwendung der Mittel.

Zuständig für den Nachlass bei einer Staatserbschaft ist das Bundesland, in welchem der Erblasser zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Verstirbt ein deutscher Staatsbürger im Ausland, ohne dass er über einen Wohnsitz in Deutschland verfügte, erbt der Bund. Der Nachlass kann Barvermögen und Schulden, Hausrat, Kunstgegenstände, Wertpapiere, Gesellschaftsanteile und Immobilien umfassen. Überschuldete Nachlässe kann der Staat nicht ausschlagen, seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten ist letztlich jedoch auf den Nachlass beschränkt. 

Die Anzahl der Staatserbschaften nimmt zu      

Aus einem großen Bundesland wurden jetzt Einzelheiten über die dort angefallenen Staatserbschaften bekannt. In den letzten fünf Jahren stiegen die Fälle, in denen der Staat zum Erben wurde, in dem Bundesland von rund 1000 auf rund 1500 jährlich. Eine vergleichbare Entwicklung wird auch aus anderen Bundesländern gemeldet. 

Dieser Anstieg geht darauf zurück, dass heutzutage mehr Menschen als in früheren Zeiten ohne Nachkommen oder sonstige Verwandte sterben. Der Staat erzielt Einnahmen aus den ihm zufallenden Erbschaften, zugleich fallen aber auch Ausgaben aus der Verwaltung und Verwertung der Nachlassgegenstände an, insbesondere aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.      

Das Land erbt auch viele Immobilien      
 
Zu den Nachlässen, die dem in Rede stehenden Bundesland in den letzten Jahren zugefallen waren, gehörte auch eine große Zahl von Grundstücken. Bei vielen handelte es sich allerdings um sog. Schrottimmobilien. Mit diesem Begriff werden Grundstücke bezeichnet, die sich in mangelhaftem Verkaufszustand befinden oder aus anderen Gründen (z. B. schlechte Lage) nur einen geringen Marktwert haben. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Netto-Einnahmen des betreffenden Bundeslandes aus Erbschaften in letzter Zeit lediglich rund 4,6 Millionen Euro pro Jahr betrugen.   

Werterhaltende Maßnahmen unterbleiben bei Nachlassimmobilien      

Für die Verwaltung und Abwicklung von Nachlassvermögen ist in dem Bundesland eine Behörde zuständig, die zum Geschäftsbereich des Finanzministeriums gehört. Soweit es um Nachlassimmobilien geht, nimmt die Behörde im Wesentlichen nur verwaltende Tätigkeiten wahr. Unter anderem kümmert sie sich darum, dass die Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die Grundstücke erfüllt wird, dass die Nutzung durch Unberechtigte und die Ablagerung von Müll und Schadstoffen verhindert wird. 

Objektbegehungen finden in der Regel nur bei der Inbesitznahme von Nachlassimmobilien statt und auch nur bei Grundstücken, die sich in dem betreffenden Bundesland befinden. Bauliche Maßnahmen werden nur zur Verkehrssicherung durchgeführt, nicht aber zur Substanz- und Werterhaltung, was für eine spätere Veräußerung wichtig wäre.      

Ein kaufmännisch geführter Staatsbetrieb verwaltet die Immobilien des Landes

In dem Bundesland gibt es seit geraumer Zeit einen Staatsbetrieb, der ressortübergreifend die Verwaltung des staatlichen Immobilienbestandes wahrnimmt. Er ist für die Bewirtschaftung von Grundstücken, Gebäuden und Räumen sowie für die Verwertung von Immobilien zuständig. Der Staatsbetrieb wird nach kaufmännischen Grundsätzen geführt und gehört zum Geschäftsbereich des Bauministeriums. Nachlassimmobilien darf der Staatsbetrieb nur verwerten, wenn diese im Alleineigentum des Landes stehen und nicht mit Verbindlichkeiten belastet sind. In allen anderen Fällen, zum Bespiel wenn das Land Teil einer Erbengemeinschaft geworden ist, bleibt es bei der Zuständigkeit der dem Finanzministerium unterstehenden Behörde.

Die Zuständigkeitsverteilung muss geändert werden      

Der Staatsbetrieb wurde mit dem Ziel errichtet, die wirtschaftliche Nutzung und Verwertung des Immobilienportfolios des Landes zu optimieren, insbesondere durch den gezielten Verkauf entbehrlicher Liegenschaften. Diese Aufgabe kann er bezüglich der Nachlassimmobilien nur zum Teil wahrnehmen. Dies muss geändert werden. 

Zukünftig sollte der Staatsbetrieb die Bewirtschaftung von Nachlassimmobilien und auch deren Verwertung übernehmen. Weiterhin sollten regelmäßige Begehungen aller Grundstücke stattfinden und Maßnahmen zur Substanz- und Werterhaltung durchgeführt werden. Wollen wir hoffen, dass sich das betreffende Bundesland, das zurzeit noch Änderungen ablehnt, zu einer entsprechenden Reform durchringen kann, sagt verärgert

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler