Versäumnisse bei Behörden mit Sicherheitsaufgaben

von , 24.04.2020, 14:03 Uhr

Die Umstellung der Sicherheitsbehörden auf digitale Funktechnik war ein staatliches Großprojekt, das erheblich länger dauerte als geplant. Auch jetzt, mehr als 20 Jahre nach Beginn des Vorhabens, sind wichtige Probleme immer noch nicht gelöst.

Bereits 1996 beschloss die Innenministerkonferenz die Errichtung eines einheitlichen Digitalfunknetzes für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Das Digitalfunknetz sollte an die Stelle der vorhandenen analogen Netze treten und eine organisationsübergreifende und bundesweite Verständigung der verschiedenen Sicherheitsbehörden bei ihren Einsätzen, insbesondere auch in Krisenlagen und bei Katastrophen, ermöglichen. Zu den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gehören in Deutschland die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Polizeibehörden der Länder, weiterhin Feuerwehr, Rettungsdienste, Zoll, Verfassungsschutzämter sowie das Technische Hilfswerk.

Der Digitalfunk für die Sicherheitsbehörden wird von Bund und Ländern gemeinsam – im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen – getragen und realisiert. Nach den ursprünglichen Planungen sollte der Digitalfunk zur Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 starten, doch die Umstellung verzögerte sich immer weiter. Zum einen hemmten technische Probleme den Aufbau des Digitalfunks, zum andern stellte sich die Abstimmung zwischen den vielen beteiligten Stellen als überaus schwierig und zeitraubend heraus. 

Bahnhöfe, Flughäfen und Sportstätten sind nur unzureichend angebunden      

Bis heute ist die Umstellung auf den einheitlichen Digitalfunk nicht völlig abgeschlossen. Zwar deckt das Funknetz inzwischen über 99 Prozent der Fläche Deutschlands ab. Dies bedeutet allerdings nicht, dass es keine Probleme mehr mit dem Digitalfunk gibt. Wie vor kurzem bekannt wurde, sind gerade so wichtige Bauten wie Bahnhöfe, Flughäfen, Tunnel, Einkaufszentren, Hochhäuser, Versammlungs- und Sportstätten oftmals nicht oder nur unzureichend mit Digitalfunk versorgt.

Wie die Bundespolizei vor kurzem berichtete, ergaben sich aus der unzureichenden Digitalfunkversorgung dieser Bauten grundlegende Einschränkungen und Schwierigkeiten bei den Einsätzen. Oftmals sei es nicht möglich gewesen, Verstärkung oder Rettungskräfte anzufordern, wodurch Bundespolizisten gefährdet worden seien. Akzeptanz und Vertrauen in den Digitalfunk gingen dadurch verloren.     

Veraltete Vorschriften verhindern die Umstellung      

Dass so wichtige Bauwerke wie Bahnhöfe, Flughäfen und Fußballstadien nicht erreicht werden können, hängt damit zusammen, dass bei einem Großteil dieser Bauten aufgrund der Gebäudeausdehnung sowie funkabschirmender Eigenschaften der Baustoffe eine Funkversorgung von außen nicht in vollem Umfang möglich ist. Die Funkversorgung im Gebäude muss deshalb durch zusätzliche technische Anlagen sichergestellt werden. Geregelt ist dies in den Bauordnungen der Bundesländer, meist in Verbindung mit den Vorschriften über den Brand- und Katastrophenschutz. Einige dieser Landesvorschriften schreiben weiterhin eine analoge Funkversorgung der in Rede stehenden Bauwerke vor oder sichern der vorhandenen analogen Technik Bestandsschutz zu. Eine Arbeitsgruppe prüfte bereits im Jahr 2010 den Änderungs- und Ergänzungsbedarf der gesetzlichen Regelungen, die rechtlichen Hemmnisse wurden jedoch nicht überall beseitigt.      

Analoge Funktechnik bei der Feuerwehr      

Viele Feuerwehren setzen weiterhin analoge Funktechnik ein. Um mit ihnen im Einsatz zu kommunizieren, müssen die anderen Sicherheitsbehörden immer noch in die veraltete analoge Technik investieren. Allein das Technische Hilfswerk besaß im Jahr 2019 rund 11.000 analoge Funkgeräte und beschaffte im gleichen Jahr für mehr als eine Million Euro neue analoge Funkgeräte. Die in Frage kommenden Feuerwehren sollten so schnell wie möglich mit den entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet werden, damit auch sie sich die moderne Funktechnik zulegen können.

Rechtliche Hindernisse müssen beseitigt werden

Es ist unverzichtbar, dass sich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern im Einsatz untereinander verständigen können. Bahnhöfe, Flughäfen, Sportstätten usw. müssen daher mit Digitalfunk erreicht werden können. Bund und Ländern ist es vorzuwerfen, dass es ihnen in den vergangenen zehn Jahren nicht gelungen ist, eine Rechtsgrundlage für die digitale Anbindung dieser Bauten zu schaffen. Das Bundesinnenministerium lehnt die Verantwortung für den geschilderten Missstand ab und verweist auf die Zuständigkeit der Bundesländer. Nur die Länder könnten die Eigentümer dieser Bauwerke zum Einbau von digitaler Technik verpflichten.

Die geschilderten Zusammenhänge belegen die Schwächen des deutschen Föderalismus, der nur unter erheblichem Druck wie beispielsweise in der derzeitigen Coronakrise, zu einer einigermaßen abgestimmten Vorgehensweise in der Lage ist. Dieser Druck muss auch bei dem hier in Rede stehenden Problem ausgeübt werden! Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die rechtlichen Hindernisse, die hier der Modernisierung im Wege stehen, schnellstens beseitigt werden, sagt mit Nachdruck

Ihr

Gotthilf Steuerzahler

www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler