Wenn ein Staatstheater seine Einnahmemöglichkeiten nicht ausschöpft

von , 14.06.2020, 17:06 Uhr

Die Stadt- und Staatstheater in unserem Land leben ganz überwiegend von Steuergeldern. Das ist bequem, da muss man sich nicht sonderlich bemühen, die selbst erwirtschafteten Einnahmen zu erhöhen.

Die Theaterlandschaft in Deutschland steht mit insgesamt 140 von der öffentlichen Hand getragenen Theatern, Schauspiel- und Opernhäusern weltweit einzigartig dar. Die Subventionen für die Theater belaufen sich jährlich auf mehr als zwei Milliarden Euro. Weniger als 20 Prozent ihrer Kosten erwirtschaften die Theater im Durchschnitt selbst, mehr als 80 Prozent schießen die Kommunen bzw. die Bundesländer aus Steuergeldern zu. So liegen die Dinge auch bei einem in einer Kurstadt gelegenen Staatstheater, das von einem finanzkräftigen Bundesland getragen wird. Die Rechtsaufsicht über das Theater übt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur des betreffenden Bundeslandes aus.

Im Jahr 2017 betrug der Gesamtaufwand dieses Staatstheaters 44,0 Millionen Euro. Dem standen Erlöse aus Kartenverkauf, Vermietungen und Verpachtungen sowie Spenden in Höhe von lediglich 6,9 Millionen Euro gegenüber. Die Eigenfinanzierungsquote des Staatstheaters, also der Anteil der eigenen Erlöse am Gesamtaufwand, betrug somit rund 15,7 Prozent. Auch in den Jahren davor lag die Eigenfinanzierungsquote in diesem Bereich. 

Zu wenige Konzerte im Kurhaus      

Vertraglich ist verbindlich festgelegt, dass das Staatstheater in jeder Spielzeit mindestens 14 Konzerte im Kurhaus der betreffenden Stadt zu veranstalten hat. Die Stadt stellt dafür den großen Saal des Kurhauses sowie den Pförtner- und Garderobendienst kostenfrei zur Verfügung. In den Jahren 2012 bis 2017 fanden jedoch im Durchschnitt nur 8 Konzertveranstaltungen des Staatstheaters im Kurhaus statt. Die erzielten Einnahmen aus diesen Veranstaltungen betrugen durchschnittlich rund 140.000 Euro im Jahr bzw. 17.500 Euro je Konzert. Die im Theatervertrag festgelegte Mindestzahl von 14 Konzerten im Kurhaus je Spielzeit wurde nicht erreicht.      

Ein Einnahmepotential von 100.000 Euro wurde nicht realisiert      

Wären wie vorgeschrieben 14 Konzerte durchgeführt worden, wären zusätzliche Einnahmen in Höhe von über 100.000 Euro erzielt worden. Das die Aufsicht führende Ministerium für Wissenschaft und Kultur ist der Auffassung, die Forderung nach mehr Konzerten berühre die künstlerische Gestaltungsfreiheit des Intendanten. Auch ließen der engmaschige Spielplan und der derzeitige Schwerpunkt Musiktheater zusätzliche Konzerte kaum zu. Nunmehr wird erwogen, die theatervertraglich festgelegte Anzahl der Konzerte im Kurhaus als klarstellende Zielvereinbarung in die kommenden Intendantenverträge aufzunehmen. 

Die Mieterlöse könnten gesteigert werden      

Durch die Vermietung und Verpachtung von Räumlichkeiten erzielt das Staatstheater zusätzliche Einnahmen. Diese bewegten sich in den Jahren 2012 bis 2017 zwischen 200.000 und 320.000 Euro. Es bestanden 11 Mietverträge für Geschäfts- und Praxisräume in der Theaterkolonnade. Die Mieten waren seit 2012 unverändert, obwohl laut dem Mietspiegel der IHK wesentlich höhere Mieten für Geschäfts- und Praxisräume in der Stadt üblich sind. Nunmehr will das Staatstheater eine Anpassung der Mieten und Pachten prüfen und sich verstärkt um die Vermietung weiterer Räumlichkeiten bemühen.      

Die Kriterien für die Vergabe von Freikarten sollten enger gefasst werden      

Nach den geltenden Bestimmungen darf das Staatstheater Freikarten sowie Dienst- und Vorzugskarten zu ermäßigten Preisen vergeben. Die Summe der kostenlosen bzw. ermäßigten Eintrittskarten ist in den Jahren 2012 bis 2017 deutlich gestiegen. Insbesondere die Anzahl der Freikarten hat sich in dem genannten Zeitraum von 10.000 auf fast 15.000 erhöht. Nun sollen die Vergabekriterien für Freikarten, Dienst- und Vorzugskarten evaluiert werden. Wollen wir hoffen, dass die Regelungen enger gefasst werden und das Staatstheater dadurch höhere Erlöse erzielt.

Die Unterstützung der Hochkultur gehört auf den Prüfstand     

Es stellt sich die Frage, wie lange sich die öffentliche Hand die beispiellose Subventionierung der deutschen Theaterlandschaft noch leisten wird. Das bildungsbürgerliche Publikum der Theater und Opernhäuser reduziert sich aus Altersgründen immer mehr. Es bleibt nur das Argument, dass die Finanzierung der Hochkultur im Wege der „Umwegfinanzierung“, also über die Ausgaben für Hotels, Restaurants usw., positive wirtschaftliche Effekte generiere. Wenn irgendwann die Corona-Krise beendet ist, liebe Leserinnen und Leser, und wir Bürger die Rechnung für die milliardenschweren Hilfsmaßnahmen erhalten, sollte auch die Subventionierung der Hochkultur auf den Prüfstand gestellt werden, meint

Gotthilf Steuerzahler

www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler