Alles für die Gorch Fock?

von , 19.06.2019, 10:46 Uhr

Glaubt man den allgemeinen Nachrichten, so rankt sich um das aktuelle Schicksal des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ ein Skandal nach dem anderen. Ein von der Marine angeblich schon vor Abschluß der Schadensaufnahme erteilter Reparaturauftrag, die Insolvenz der ausführenden Werft (bei der ein zweistelliger Millionenbetrag regelrecht „verschwunden“ ist) sowie der gegenüber früheren Werftvorständen erhobene Verdacht der Untreue (man spricht u.a. von einer Zweckentfremdung der Mittel zugunsten von Explorationsarbeiten zur Goldförderung in der Mongolei) ließ die ursprünglich geplante Reparatursumme von ca. 10 Mio. € auf bereits ausgegebene 70 Mio. € steigen und insgesamt könnten es nunmehr 135, vielleicht sogar 150 Mio. € werden.

Bundesrechnungshof kritisiert teure Sanierung

Da liegt der inzwischen auch vom Bundesrechnungshof erhobene Vorwurf auf der Hand, laut dem sich die verantwortlichen Bundeswehroffiziere – und das wäre noch gelinde formuliert – recht laienhaft angestellt hätten. Doch ist es tatsächlich an dem? Unter (auch einigen hochrangigen) Marineoffizieren kursiert zur Zeit jedenfalls noch eine völlig andere Version der Ereignisse, die man sich aber stets nur hinter gut vorgehaltener Hand erzählt. Danach wäre die angebliche Kostenexplosion nichts anderes als ein von hoher Stelle gebilligtes Täuschungsmanöver. Unter dem Kostentitel „Instandsetzung Gorch Fock“ sollten danach – ohne Rücksicht auf die tatsächlich entstehenden Kosten – bis zu 150 Mio. € gebucht werden und dies mit Wissen und Billigung von keinen geringeren Politikern als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Danach sei von vornherein nur der geringste Anteil dieser atemraubenden Millionensumme für die Schiffssanierung gedacht gewesen. Das meiste bisher ausgegebene Geld sei vielmehr für militärische Auslandseinsätze verwendet worden, deren eigentlich erforderliche Billigung durch die jeweiligen Bundestagsgremien vermieden werden sollte.

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Man spricht im Rahmen dieses (bisher, das muß deutlich gesagt werden, noch in keiner Weise belegten) Verdachts zum Beispiel von geheimen Einsätzen in Zentralafrika, bei denen Diktatoren gegen Rebellen „verteidigt“ worden seien. Es sei dabei in erster Linie um den „Schutz“ von Rohstoffquellen gegangen, die u.a. zur Akkuherstellung für Elektroautos unverzichtbar seien. Und es ist auch von einem geheimen Syrieneinsatz des „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) die Rede, den man den zuständigen Bundestagsabgeordneten nicht hätte offenbaren wollen. Es seien kostenintensive Unternehmungen gewesen, die in den Büchern als „Reparaturkosten“ hätten verschleiert werden sollen. Doch schließlich seien Rechnungsprüfer mißtrauisch geworden, denn so teuer könne die Generalüberholung eines bis dahin immerhin noch fahrfähigen Segelschiffs eigentlich nicht sein.

Zu was ist die Bundeswehr überhaupt noch in der Lage?

Man habe deshalb nun, heißt es hinter noch besser vorgehaltener Hand weiter, eine Ablenkungskampagne gestartet, bei der zunächst die Bundeswehrfachleute als eine Truppe von Trotteln dargestellt wurden, die nicht einmal zur Erteilung eines Reparaturauftrages in der Lage seien. Und man habe ferner die Gelegenheit ergriffen, die früheren Werftvorstände – ungeachtet tatsächlich denkbarer Verfehlungen – als ausschließlich windige Geschäftemacher darzustellen. Es gibt für diese Version des „Gorch Fock-Skandals“, das sei noch einmal deutlich hervorgehoben, bis heute keine Beweise. Doch wer bisher nicht glauben mochte, daß man in der Bundeswehr nicht einmal mehr in der Lage sei, eine Schiffssanierung hinreichend zu beaufsichtigen, wird die Möglichkeit einer verschleierten Mittelverwendung nicht von vornherein in das Reich der Fabel verweisen können. Bleiben wir also kritisch und aufmerksam! (tb)


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