Daimler: Das EQC-Desaster

von , 15.01.2020, 15:12 Uhr

Geht es nach den offiziellen Verlautbarungen von Politik und Wirtschaft, soll die offenbar angestrebte Wende zum (Akku-)Elektroauto von der deutschen Automobilindustrie vielleicht nicht anstrengungslos zu bewältigen sein, aber sie sei immerhin möglich. Die besorgten Gesichter bei vielen Unternehmensführern im Zuliefererbereich lassen jedoch Böses erahnen und nähren den Verdacht, daß der von den „Autobossen“ zur Schau gestellte Optimismus nichts anderes sein dürfte als das bekannte „Pfeifen im dunklen Wald“.

Mercedes EQC für mindestens 70.000 EUR

In dieses Bild passen nun die bisherigen Zulassungszahlen des ersten rein elektrischen Autos des Stuttgarter Premiumherstellers Daimler. Der „EQC“ genannte Mercedes wird bereits seit Mai 2019 zu Preisen jenseits von 70.000 € angeboten und wurde deshalb von willfährigen Journalisten bereits als Deutschlands Antwort auf den US-amerikanischen Tesla bezeichnet. Tatsächlich sieht man den neuen „EQC“ bereits allenthalben – im Werbefernsehen, auf Kinoleinwänden oder auch großen Plakaten. Doch auf der Straße sieht man ihn nicht.

Das kann nicht verwundern, denn die bisherigen Zulassungszahlen sind grottenschlecht. Sie sind so schlecht, daß der Stuttgarter Autobauer hierzu keine Auskunft gibt und sagt, man könne die Zulassungszahlen nicht über das bekannt gegebene Maß hinaus aufschlüsseln. Und auch im Kraftfahrt-Bundesamt, dem jede einzelne Neuzulassung in Deutschland mit einem umfangreichen Datensatz gemeldet wird, drückte man sich zunächst vor einer klaren Antwort.

19 und kaum mehr als 50 Neuzulassungen

Schließlich kam die Wahrheit heraus: Im November 2019 kam die neue elektrische Mercedes-Baureihe gerade einmal auf 19 Neuzulassungen, so daß sich die Gesamtzahl der in Deutschland zugelassenen „EQC“-Modelle Ende November auf gerade einmal etwas mehr als 50 Fahrzeuge belief. Der „GLC“, das Verbrennungsmotor-Pendant zum „EQC“, kam im November dagegen auf mehr als 4500 Neuzulassungen.

Der in Bremen – also am Standort der früheren Borgward-Werke – produzierte „EQC“ könnte damit zum größten Reinfall in der Mercedes-Firmengeschichte werden. Natürlich kann die tatsächliche Entwicklung in den kommenden Jahren nicht mit völliger Sicherheit vorhergesagt werden. Doch die Gefahr, daß mit der Automobilindustrie die nach wie vor wichtigste deutsche Schlüsselindustrie gewissermaßen vor die Wand fährt, ist ungebrochen und so hoch wie nie zuvor. Die Entindustrialisierung unseres Landes, die noch zu heftigem Arbeitsplatzabbau führen kann, schreitet voran. (tb)


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